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TEC21 2012|46
Pumpspeicher XXL
TEC21 2012|46
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

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9. November 2012 - Aldo Rota
In den Glarner und Walliser Alpen entstehen zurzeit die zwei grössten Pumpspeicherwerke des Landes. Mit Maschinenleistungen in der Dimension eines Kernkraftwerks werden sie eine zentrale Rolle in der ­zukünftigen Energieversorgung spielen – entsprechend gross sind die ­Erwartungen, das Medieninteresse und teilweise auch die Skepsis.

Das Prinzip der Pumpspeicherung ist seit Beginn der Energieproduktion aus Wasserkraft vor über einem Jahrhundert bekannt. In grossem Massstab ist es in der Schweiz bisher aber nur selten angewendet worden. Das Schwergewicht lag traditionell auf der Jahresspeicherung in grossen Stauseen. Erst in den letzten Jahren hat der europäische Strommarkt durch den rasch wachsenden Anteil der erneuerbaren Energien die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Pumpspeicherung auch für Schweizer Stromproduzenten interessant wurde. Ein unschätzbarer Vorteil sind dabei die zahlreichen vorhandenen Kraftwerksanlagen, von denen sich viele – wie in den hier vorgestellten Beispielen – für den Ausbau zu Pumpspeicherwerken eignen. Weitere auf bestehenden Kraftwerken aufbauende Projekte für Pumpspeicherwerke sind baureif oder in einem fortgeschrittenen Planungsstadium. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob das Angebot an erneuerbaren Energien das prognostizierte Wachstum erreicht und damit ein Bedarf für weitere Pumpspeicherwerke besteht.

Trotz ihrer Grösse werden die Pumpspeicherwerke im Endeffekt keine zusätzliche Energie erzeugen – im Gegenteil, die Umschichtung des Speichermediums Wasser ist mit Energieverlusten von rund 25 % verbunden. Allerdings können Pumpspeicherwerke Energie, die zur falschen Zeit oder in zu grosser Menge anfällt, speichern und bedarfsgerecht zum richtigen Zeitpunkt ins Netz einspeisen. Die Primärenergie, die ansonsten verschwendet würde, wird dadurch veredelt – das kann den Aufwand für die Speicherung aus ökologischer und auch aus ökonomischer Sicht rechtfertigen. Insbesondere bei Photovoltaik und Windenergie ist das von zentraler Bedeutung, da bei diesen Energieformen die Produktionszyklen wenig mit den Verbrauchszyklen übereinstimmen.

Die partiellen Stromausfälle der letzten Jahre haben gezeigt, dass das europäische Verbundnetz störungsanfällig ist und dass sich Störungen über grosse Distanzen fortpflanzen und auswirken können. Auch ohne eigentlichen Stromausfall können geringfügige Abweichungen von Spannung und Frequenz von der Norm Schäden und Produktionsausfälle zur Folge haben. Diese Problematik wird sich in den nächsten Jahren noch verschärfen, denn einerseits nimmt der Anteil empfindlicher elektronischer Verbraucher im Netz laufend zu, ­andererseits werden die in grosser Zahl zugeschalteten, meist dezentral organisierten Produzenten aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Photovoltaik und Windenergie, wegen ­ihrer unregelmässigen Zyklen das Netz zunehmend destabilisieren. Um das Netz in Zukunft stabil zu halten, sind jedoch grosse Produktions-, aber auch Verbrauchskapazitäten erforderlich, die jederzeit und schnell verfügbar und kurzfristig auch umkehrbar sind. Beim aktuellen Stand der Technik können nur Pumpspeicherwerke diese Aufgaben im grossen Massstab erfüllen.

Es geht bei den heutigen Pumpspeicherwerken neben den «klassischen» Funktionen der ­Erzeugung elektrischer Energie einerseits und der Speicherung überschüssiger Energie ­anderseits auch um Regulierung und Stabilisierung. Und die sind im heutigen Netzverbund gefragt; die sogenannte Regelleistung, von der die Verbraucher im besten Fall gar nichts merken, wird an den Energiebörsen gehandelt und teilweise besser honoriert als die eigentliche Konsumenergieproduktion. Auch dieser Aspekt ist bei Gesamtbetrachtung des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit von Pumpspeicherwerken zu berücksichtigen.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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