Zeitschrift

TEC21 2013|24
Denkmal Curtain Wall
TEC21 2013|24
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Normalerweise fürchten kommerzielle Immobiliengesellschaften die Denkmalpflege wie der Teufel das Weihwasser. Eine Unterschutzstellung entwertet ein Objekt, da sie die Entscheidungsfreiheit im Umgang mit der Bausubstanz – bzw. der Parzelle – ­einschränkt, Verzögerungen nach sich zieht und möglicherweise teure Renovationsvarianten nötig macht. In den Parlamenten wird die Denkmalpflege von bürgerlichen Politiker­innen und Politikern deshalb gern als «Verhinderer» einer wirtschaftlich erfreulichen baulichen Entwicklung angeprangert.

Nicht so im Fall der Grossüberbauung Le Lignon bei Genf, die dieses Heft vorstellt. Hier haben die Besitzer, fünf Pensionskassen, nach einer genauen, von der EPFL wissenschaftlich unterstützten Evaluation möglicher Erneuerungsvarianten den Kanton Genf darum gebeten, das Ensemble aus den 1960er-Jahren unter Schutz zu stellen. Mittlerweile ist es nämlich so, dass es vor allem Vorschriften zu den baulichen Energiesparmassnahmen sind, die die Handlungsfreiheit der Bauherrschaften einschränken. Die immer schärferen Regeln verlangen Investitionen, die nicht mehr amortisierbar sind, zumal wenn die Liegenschaftenbesitzer wie im Fall von Le Lignon den Wert der Architektur nicht schmälern und die Investitionen, die den Mietern schliesslich keine Wertvermehrung bringen, nicht auf die Bewohnerschaft überwälzen wollen. Im Kanton Genf ist dies im Übrigen gar nicht erlaubt.

Mit der Unterschutzstellung wird jedoch eine Güterabwägung zwischen Klimaschutz und Denkmalschutz nötig – oder eben möglich – und damit die Suche nach einer Eingriffstiefe, die ökologische, kulturelle, soziale und wirtschaftliche Aspekte gleichermassen berücksichtigt und gegeneinander abwägt. Und genau diese Gesamtschau braucht es, wenn wir wirklich nachhaltige Handlungsweisen ohne ungewollte negative Folgen entwickeln wollen.

Es lohnt sich deshalb, unseren Bericht über die Fassadenerneuerung in Le Lignon genauer zu studieren («Spielraum dank Denkmalschutz», S. 21). Das schöne Buch, das das Laboratoire des Techniques et de la Sauvegarde de l’Architecture ­Moderne über seine Untersuchung zu Le Lignon herausgegeben hat (Anm. 1, S. 20), ist leider schon vergriffen. Und auch ein Besuch der Siedlung, die in den nächsten Jahren nach dem Vorschlag der EPFL renoviert wird, lohnt sich. Nicht nur wegen der bis heute überzeugenden Architektur und des längsten Hauses in Europa, sondern auch, um zu erkunden, was sonst noch eine Satellitenstadt auszeichnet, die immer funktioniert hat und bei ihren Bewohnern so beliebt ist.

Ruedi Weidmann

05 WETTBEWERBE
Sekundarschule Hinterbirch, Bülach

10 MAGAZIN
Graswurzeln und Blasen | Bücher

16 LE LIGNON – MONUMENT DER SPÄTEN MODERNE
Giulia Marino
Dank guter Versorgungs­infrastruktur und gelungener sozialer Durchmischung ist die Grossüber­bauung bei Genf eine Erfolgsgeschichte.

21 SPIELRAUM DANK DENKMALSCHUTZ
Jürg Graser
Im Spagat zwischen Energieauflagen und Kulturguterhaltung strebten die Eigentümer von Le Lignon die Unterschutzstellung an. So lässt sich die Renovierung der Fassade nachhaltiger angehen.

27 SIA
Bewegung im Beschaffungswesen | «Der SIA ist eminent politisch»

31 PRODUKTE | WEITERBILDUNG
Schöck | TCS Themoclima | Krüger | FHNW

37 IMPRESSUM

38 VERANSTALTUNGEN

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Verlags-AG der akademischen technischen Vereine

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