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Business as usual auf der Kölner Möbelmesse

Müde scheinende Hersteller, das bestimmt hundertfünfzigste Werk von Zaha Hadid und ein paar Umzüge großer Aussteller innerhalb der zahlreichen Veranstaltungsorte – aufregend war die Kölner Möbelmesse in diesem Jahr nicht.

2. Februar 2007 - Michael Kasiske
Die „imm-cologne – Die Internationale Möbelmesse“ präsentierte dieses Jahr die Ideal Houses mit Grandeur: frei gestellt in der großen Passage und so wieder als Körper erfahrbar. Mit dem Architekturstar Zaha Hadid und dem Muji-Kreativdirektor Naoto Fukasawa waren zwei Größen beauftragt worden, die auch etwas zu zeigen hatten: Hadid entwarf ein amor­phes Gebilde, das zwischen Höhle und Schaukasten oszillierte; Fukasawa präsentierte eine sehr geschlos­sen wirkende Figuration, die gradlinig in die Höhe schoss und den Raum beinahe sakral überhöhte. Einziges Manko war die Position am äußersten Rand der Messe, weit entfernt vom zeitgenössischen Design.

In den Hallen überwog business as usual. Der straffe Rhythmus der Ausstellungen, die jährlichen Auftritte in Köln und Mailand sowie zuweilen weitere Spezialmessen zwischendurch, scheinen manche Hersteller an den Rand des Leistbaren zu bringen – und so zeigte man bereits Bekanntes oder Stücke, die noch nicht ganz ausgereift waren.

Tecta hingegen bereicherte die Geschichte der Stahlrohrmöbel um ein weiteres Kapitel, einen schwingenden Sessel, dessen Entwurf aus der Feder des Berliner Architekten Sergius Ruegenberg (1903–1996) stammt. In den 20er und 30er Jahren im Büro von Ludwig Mies van der Rohe tätig, hat Ruegenberg an Möbeln mitgearbeitet, die heute weltbekannt sind, etwa der Barcelona-Sessel oder der Stuhl Brno. Sein nun erstmals hergestellter „tugendhafter Stuhl“ ist – in Anspielung auf den außer Produktion befindlichen „Tugendhat-Sessel“ von Mies – eine angemessene Hommage an den Meister.

Ebenfalls ein Rückgriff, aber lediglich in die 60er Jahre, ist der Typus Stapelbett, dem der Stuttgarter Produzent Richard Lampert mit einem Entwurf von Alexander Seifried eine gelungene Variante beisteuerte. Das leichte Möbel verströmt ein frisches laissez faire, das eigentlich der als „Trendshow“ bezeichneten „Informed by Cologne“ besser zu Gesicht gestanden hätte.

Den italienischen Möbelherstellern, die die Messehallen schon seit längerem meiden und stattdessen in der Designpost oder den Spichernhöfen unabhängig von der Messe auch über die Ausstellungswoche hinaus dauerhaft ansässig geworden sind, folgte nun auch der spanische Möbelverband Sidi. Im Rahmen der „Passagen – Interior Design in Köln“ eröffnete Sidi im Haus der ehemaligen Bachem-Druckerei eine ganzjährig betriebene Repräsentanz.

Auch die Internetplattform stylepark hat den Ort gewechselt. Das ehemalige Gebäude der Bundesbahndirektion, das mit seiner zentralen Eingangshalle stets einen einladenden Rahmen bot, wurde die­ses Jahr gegen den Kölner Kunstverein getauscht. Nach der Gründung des neuen Formats „The Design Annual“ für die Frankfurter Messe scheint „Stylepark in Residence“ seine Kölner Auftritte bescheidener gestalten zu wollen. Im Vorgarten des Kunstvereins zog „Walden“, eine Art Gartenschrank von Nils Holger Moormann, viel Aufmerksamkeit auf sich.

In der Christuskirche im Belgischen Viertel stellte Werner Aisslinger ein neues Bücherregal vor, das für Menschen interessant sein könnte, die dickleibige Coffee-Table-Books nutzbringend entsorgen wollen. Mittels eines kreuzförmigen Blechteils werden Bücher zum Steh- und Trageelement verwandelt. Ob das Regal allerdings auch vollgeladen werden kann, darf bezweifelt werden, da der Buchrücken ei­ner Durchbiegung nur einseitig standhält.

Die Möbelszene ließ keinen eindeutigen Trend erkennen. Vielmehr schien der Raum von Hadid im Ideal House die diesjährige Veranstaltung zu paraphrasieren: Eine großzügige Treppe, deren Ende nicht sichtbar ist, reizte zum Aufstieg und führte auf eine Ebene, auf der lediglich eine weiß bezogene Matratze lag. So viel gestalterische Diät irritierte.

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Für den Beitrag verantwortlich: Bauwelt

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