Bauwerk

Ray 1
DMAA - Wien (A) - 2003
Ray 1, Foto: Rupert Steiner
Ray 1, Foto: Rupert Steiner
14. September 2003 - Az W
Man kann die Lücke zwischen zwei Giebeln auf unterschiedlichste Weise schließen, selten wird man jedoch bei einer Gebäudeaufstockung einem Beispiel begegnen, das dem Begriff „Dachlandschaft“ auf derart kühne Weise Gestalt verleiht. Als Sockel für das neue Domizil der Architektenfamilie dient ein recht ansprechendes Bürohaus aus den 1960er Jahren, mit einer Fassade aus blauen Glasplatten Richtung Strasse und einem Treppenhaus-Risalit im Hof. (Dieser Hof dürfte sich übrigens in Kreisen budgetarmer Möbelkäufer allgemeiner Bekanntheit erfreuen, sind doch mit ihm auch die Hallen der Caritas verbunden.) Die Wohnwelt im Dachbereich sieht freilich anders aus ...

Der Bürobau bildet die in sich ruhende Ausgangsbasis für die kontrapunktische Raumschleife, die ihn nun bekrönt. Die Architekten zur konstruktiven Motivation dieser Ausgangsbasis: „Mit dem Ziel das Entwurfskonzept konsequent in der Tragwerkskonstruktion weiterzuführen und zugleich auf den Zustand des Altbaus und die Bedingungen einer Aufstockung zu reagieren, wurde das Gebäude mittels einer Stahlskelettbauweise errichtet. Dabei wird es möglich, durch ein homogen verdichtetes Stahlrohrsystem, die Lasten über die gesamte Fläche verteilt gleichmässig in den Bestand einzuleiten. Die Hauptlasten der Dachkonstruktion werden über die Giebelwände abgetragen, gleichzeitig werden entwurfsimmanente Faltungen der Dachlandschaft genutzt, um einen weitgehend stützenfreien Raumfluss zu gewährleisten.“

Einschnitte und Überlagerungen des konstruktiven Grundgerüstes sorgen an beiden Seiten des Gebäudes für transparente Zonen und geschützte Terrassen, ein gefährlich in den Hof auskragender Aufgang schert aus dem fließenden Raumkontinuum aus, in dem Architektur und Möbel in einzigartiger Weise miteinander verschmelzen. Die äussere Haut aus Alucobond unterstützt diesen quecksilbrigen Raumfluss mit seinem metallischen Glanz.

Im Bewusstsein der Aussichtslosigkeit einer adäquaten Raumbeschreibung in gebotener Kürze sei an dieser Stelle ausnahmsweise die Lektüre einer Architekturzeitschrift empfohlen, die diesem Projekt – aus gutem Grund – eine ganze Ausgabe gewidmet hat: In der Bauwelt 29/2003 kommen interessanterweise auch Magistratsbeamte, die Hausinhaberin, die Tragwerksplaner, Haustechniker und Möbelbauer zu Wort. Sie alle hatten sich einer aussergewöhnlichen Aufgabe zu stellen. Man hat sich ihr gestellt, man hat sie bewältigt – und man darf sagen: mit Bravour. (Text: Gabriele Kaiser)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Elke Delugan-Meissl
Roman Delugan

Tragwerksplanung

Fotografie