Bauwerk

Kleines Festspielhaus - Wettbewerb
Fritz Lorenz, Wimmer Zaic Architekten, pfp architekten, Bétrix & Consolascio, Hermann & Valentiny, Wilhelm Holzbauer, Domenig & Eisenköck, Gerhard Garstenauer - Salzburg (A) - 2002

Kleines Festspielhaus: Zurück an den Start!

Neubeginn statt „Verschlimmverbesserung“

Nach den dubiosen Vorgängen gerät das Holzbauer-Valentiny Projekt zunehmend unter Beschuss. Architekturpublizist Norbert Mayr empfiehlt: noch einmal von vorne!

4. April 2003 - newroom
Der Vorsitzende der Sachverständigenkommission für Altstadterhaltung, Reiner Kaschl, kündigte am 27. 11. 2002 an, dass für den Umbau des Kleinen Festspielhauses die Sachverständigenkommission sich – wie im Altstadterhaltungsgesetz vorgesehen – durch zusätzliche Gutachter aus dem Gestaltungsbeirat verstärken wird. Am 10. 3. 2003 herrschte dann bei den drei renommierten Universitätsprofessoren Klaus Kada, Flora Ruchat Roncati und Stefano de Martino das blanke Entsetzen über das Holzbauer-Valentiny-Projekt, das – wäre es eine Studentenarbeit – hochkantig durchfallen würde. Kada: „Das Projekt funktioniert von vorne bis hinten nicht.“ Sogar gegenüber dem sanierungsbedürftigen Ist-Zustand sei der „dilettantische Versuch“ eine „Verschlimmbesserung“, wobei zudem die Kostenschätzung nicht halten werde. Als die Sachverständigenkommission die durch Holzbauers Überlegungen verstümmelte Holzmeister-Außenfassade aufgab, fiel dessen Holzmeisterschützer-Mäntelchen endgültig ab. Holzbauer kündigte „eine subtile Lösung“ in einer „nachempfundenen Fassade“ an. Von den Gestaltungsbeirat-Gutachtern wurden unter anderem Holzbauers Stelen beim Eingang in der Luft zerrissen, die an „einen Interspar erinnern“ und die monumental- protzige Fluchtstiege zum Balkon, die durch eine Kette abgesperrt werden soll. Im Protokoll der Sachverständigenkommission findet sich der Appell, dass der „Eingang ins Haus auch ohne livrierte Platzanweiser gefunden werden“ sollte. Kada spricht gar vom „schlechtesten Projekt für ein Musiktheater“, das er „je gesehen“ habe, „an einem der wichtigsten Orte der Welt“.

Chance eines Neubeginns
Die Sachverständigenkommission hat die Gestaltungsbeiräte über weitere Besprechungen weder informiert, noch beigezogen. Auf Anfrage teilte die beim Land beheimatete Kommission mit, dass sich die Gestaltungsbeirats-Mitglieder selbst um das Sitzungsprotokoll kümmern müssten. Bei Redaktionsschluss gab es in der Sachverständigenkommission (noch) punktuellen Widerstand gegen die Behauptung der Festspielleitung, die Sachverständigenkommission habe am 20. 3. die Pläne „abgesegnet“.

Der Widerstand gegen das Projekt wächst. Planungsstadtrat Johann Padutsch (Bürgerliste) erhielt Verstärkung durch Vzbgm. Siegfried Mitterdorfer (FPÖ), der keine Zustimmung für die Verwendung von 150 Quadratmeter Stadtgrund geben will. Sogar Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) ließ gegenüber der APA verlauten, dass für ihn ein verschobener Umbaubeginn nach dem Mozartjahr 2006 keine Katastrophe wäre. Ein Ausstieg des Vorsitzenden des Festspielkuratoriums aus dem auch architektonisch offensichtlich gekenterten Holzbauer-Dampfer ist wohl die letzte Chance einer Schadensbegrenzung für die Kulturstadt Salzburg. Ein professionell begleitetes, internationales Wettbewerbsverfahren erscheint wieder möglich, sodass die Musik des 21. Jahrhunderts, die Intendant Peter Ruzicka 2001 „ins Zentrum des Festspielbezirks“ zu rücken ankündigte, in einer dem Anspruch und dem Ort angemessenen, zeitgemäßen Architektur höchster Qualität zu hören sein könnte.

Wenn es tatsächlich zur Realisierung der Holzbauer-Planung kommen sollte, werden beide Längswände des Zuschauerraums eliminiert, ohne eine großzügige Verbreiterung des Zuschauerraums durchzuführen. Gleichzeitig wird die Felsenreitschule durch Fluchtstiegen belastet, ohne dort durch eine Neustrukturierung Verbesserungen zu erreichen.

Der Widerstand gegen das Projekt wächst.

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