Bauwerk

Anton Bruckner Privatuniversität - Neubau
Architekturbuero 1 - Linz (A) - 2015

Luftorgel im Grünen am Berg

Standorte für die neue Bruckner-Privatuni hätte es auch in der Kernstadt gegeben. Nun steht sie auf der grünen Wiese. Die Architektur weiß damit umzugehen.

16. Mai 2015 - Tobias Hagleitner
So privat hätte es auch für eine „Privatuniversität“ nicht sein müssen: Der Öffentlichkeit leicht entrückt, auf den Hagen-Gründen am Fuß des Pöstlingbergs, sahen die Location Scouts des Landes den passenden Bauplatz der neuen Ausbildungsstätte für Musik, Schauspiel und Tanz. Eine Uni im Park ist es nun – das, was in Amerika einst mit „Campus“ gemeint war. Das hat keineswegs nur Nachteile, vor allem wenn es gelingt, die landschaftlichen Vorzüge herauszuarbeiten und der Atmosphäre im Gebäude anzueignen. Das schafft der Entwurf des Linzer Architekturbuero 1, der sich im offenen Wettbewerb unter fast 50 Beiträgen durchsetzen konnte, ausgezeichnet.

Alles ist im Fluss

Während das Haus zur Hagenstraße seinen Baukörper in konischem Schliff und voller Höhe eher hermetisch präsentiert, zeigt es sich hangseitig räumlich differenziert. Wie ein Arm umfängt es die Gartenebene, die so zur geschützten Open-Air-Aula wird. Eine Freitreppe verbindet die Terrasse im ersten Stock mit dem Naturraum. Sie kann Bühne und Tribüne für Vorstellungen werden oder als Gartenhörsaal dienen. Die alten Bäume runden das Ensemble ab.

Natur bestimmt als Metapher auch den Innenraum des Passivhauses: Die Foyer- und Erschließungsflächen werden von Architekt Matthias Seyfert als „Fluss“ bezeichnet. Er mäandriert vom Haupteingang an der Hagenstraße südlich zur gläsernen Parkfassade, um sich dann talwärts quer durch das Gebäude Richtung Stadt zu bewegen. Ein Oberlichtband im Dach begleitet die Bewegung und bringt Helligkeit in die Erschließungswege der beiden oberen Stockwerke und bis ins Erdgeschoß.

Harfe, Akkordeon, Luftorgel?

Das beachtliche Raumprogramm wird von sanft gekurvten Wänden behaust. Dazwischen gibt es Licht, Luft und viel Fläche für die Kommunikation und gemeinsamen Aktivitäten einer Uni. Ein dunkler Korridor findet sich in dem organischen Gefüge nicht. Zahlreiche Sichtverbindungen in die innenliegenden Volumen und ins Freie ergeben jederzeit beste Orientierung. Das ist für ein Gebäude dieser Größenordnung ein besonderer Vorzug.

Das wichtige Thema der Akustik wurde neben der technischen Relevanz auch bildlich aufgefasst. Die Lamellen an der Fassade sollen an ein Instrument erinnern. Wenn die Alu-Teile für die vorgeschlagene Assoziation mit einer Harfe auch etwas klobig geraten sind – die „Musikalität“ der Bauform wirkt sich jedenfalls positiv aus: Die schiefen Außenwände helfen das Flatterecho in den Übungsräumen zu vermeiden.

Zur klanglichen Optimierung des großen Konzertsaals ließen sich die Architekten ein Wandpanel aus gewelltem Gipskarton einfallen, was einiger Modellversuche und technischer Tricks der Professionisten bedurfte. Die gestalterische Ambition aller an der Planung und Umsetzung Beteiligten wird in einzigartigen Details wie diesem deutlich. Das zeichnet den Bau in vielen Punkten aus und macht ihn zur unverwechselbaren architektonischen Errungenschaft.

Schade, dass der Ehrgeiz offenbar nicht alle Bereiche erfasst hat. Im Südosten zeigt das Gebäude Schwachstellen. Nicht nur, dass für die Gestaltung des Außenraums bei dieser Panoramaseite Richtung Stadt offenbar das Geld ausging und der benachbarte Obstgarten aus unerfindlichen Gründen nicht zugänglich gemacht wurde.

Bedauerlich ist vor allem, wie hier mit vorgestellten Betonwänden ein Zugeständnis an den Bebauungsplan gebastelt wurde. Der sieht für das gesamte Grundstück maximal drei Geschoße vor und erforderte deshalb in diesem tiefer liegenden Bereich das teilweise Eingraben. Die Planenden, das Land als Bauherrschaft und die Stadt Linz als zuständige Baubehörde hätten sich hier eingehender miteinander beschäftigen und eine ansprechendere Lösung zulassen müssen. Ähnliches gilt für die Blitzschutzanlage am Dach: dass dieser dominante Himmelszaun die einzige Möglichkeit sein soll, geltenden Bestimmungen gerecht zu werden, darf hinterfragt werden.

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Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten

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