Akteur

Caramel architektInnen zt-gmbh
Wien (A)

Die Architektur als Zeichen unternehmerischer Kompetenz

Unternehmenskultur – begleitet vom kostenlosen Zusatznutzen des Prestigegewinns – bewies kürzlich die bayerische Glas-und Stahlfirma Seele in Gersthofen bei Augsburg.

13. Mai 1998 - Gert Walden
Für das neue Bürogebäude mit 900 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche wurde ein zweistufiger, EU-weiter Wettbewerb ausgeschrieben. Im Mittelpunkt der Ideensuche stand dabei ein optimales Architekturkonzept, weniger eine ausschließlich bauwirtschaftlich argumentierte Bürohausabwicklung.

Die österreichisch dominierte Jury (u.a. Manfred Kovatsch, Dietmar Eberle, Ernst Gieselbrecht) vergab kürzlich den ersten Preis an das junge Wiener Architekturatelier Günter Katherl und Martin Haller. Der Entwurf von Katherl/Haller vermittelt eine leicht verständliche, „sprechende“ Architektur, die gleichzeitig den „state of the arts“ im gegenwärtigen Bürobau einbringt.

Zwischen alten und neuen Betriebshallen positioniert, wird das Gebäude hoch über die anliegenden Objekte aufragen und damit eine Landmarke für die Gegend bilden. Die Architektur kündet von der Unternehmensdynamik im High-Tech-Bereich.

Transparente und lichtdichte Hüllen umgeben das Innere. Sie präsentieren in unterschiedlicher Stofflichkeit also eine expressiv-textile Skulptur, die mit ihrer gekrümmt angelegten Konstruktionsführung auf die Unendliche des Raumes verweist und gleichzeitig als „Stadtmöbel“ auf Stelzen – noch in der Spätfolge postmoderner Architekturkonzeptionen – agiert.

Die unterschiedlichen Materialien für diese segelähnliche Verpackung des Objekts lassen sich in der Verschränkung von Architektur und dem Funktionsablauf im Bürobetrieb begründen. Die beplankte Stahlgitterkonstruktion der Südfassade dient als schubfestes Element, sie bietet in der offenen Bürostruktur einen notwendigen optischen Rückhalt, der im Gegensatz zur allgegenwärtigen Transparenz jenes Maß an visueller Intimität bringt, das Büro_be_nützer benötigen. In die gekrümmte Stahl- und Glashülle eingeschrieben, ist ein ortogonal angelegter Bürokern, dessen Regelgeschoße in der Vierteilung Sekretariat – Lift – Sanitäreinheiten – Arbeitsräume gegliedert sind.

Die mögliche Veränderung der Arbeitszimmer ist ebenso strukturell in der Architektur angelegt wie die besondere Qualität des einzelnen Arbeitsplatzes. Zwischen Hülle und Kern entsteht nämlich ein eigener Raum, der die vertikale und horizontale Dimension des Gebäudes auslotet. Auf diese Weise wird eine individuelle Ortsbestimmung möglich – eine Qualität, die gerade im konventionellen Bürobau fehlt, und eigentlich der Arbeitsatmosphäre mehr als zuträglich ist.

Wie weit die Transparenz im täglichen Gebrauch des Hauses von Martin Haller und Günter Katherl als kommunikationsfördernd oder disziplinierend auswirkt, hängt schließlich vom Unternehmen ab. Die beiden Architekten haben die Bühne geschaffen, das Stück müssen die Beteiligten dann selbst spielen.

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