Akteur

Günther Domenig
* 1934 Klagenfurt 2012 Graz

Kopf des Tages: Günther Domenig

Ein Bildhauer unter den Architekten - nun ausgezeichnet mit dem „Großen Österreichischen Staatspreis für Kunst“

4. Mai 2005 - Ute Woltron
Auch wenn er es herunterzuspielen pflegt: Günther Domenig freut sich über die Auszeichnungen, die nun, da er 70 und somit ein Architekt im besten Alter ist, auf ihn herniederrieseln wie milder Sommerregen. In Venedig bekam er vergangenen Sommer anlässlich der Architekturbiennale den Goldenen Löwen - „irgend so a Viech“ - für sein Dokumentationszentrum in Nürnberg überreicht. In Wien verlieh man ihm das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. Nun bekommt er noch den Großen Österreichischen Staatspreis für Kunst zugesprochen. Und der ist, wie er meint, „endlich einmal auch mit Geld verbunden“.

Viel Ehre und 30.000 Euro also für den Kärntner, der sein Architekturbüro bereits in den 60er-Jahren in Graz etablierte und mit einer keineswegs unsympathischen Brachialität Architektur zu machen begann. Domenig ist dabei einen sehr klugen Weg gegangen, weil er über die taktische Gabe verfügt, seine jeweiligen Talente zu dosieren und von Projekt zu Projekt gekonnt auszuspielen. Zum einen ist er ein formal Hochtalentierter, eine Art Bildhauer und Skulpteur unter den Planern. Zum anderen verfügt er über genug Bodenhaftung, um die Architektur als Dienstleistung zu verstehen. Dafür holte er sich, das muss ebenfalls gesagt werden, immer wieder die richtigen Büropartner. Sein T-Mobile-Haus an der Wiener Südosttangente beispielsweise ist eines der ganz wenigen Wiener Architektur-Landmarks jüngeren Datums - doch hätten hier Zeichen- und Rechenstift gegen- und nicht miteinander skizziert, das Gebäude wäre nie realisiert worden.

Bekannt wurde Domenig mit der für die frühen 70er-Jahre schockierenden Z-Bankfiliale in Wiens Favoritenstraße, in der er eine radikale Wurschtigkeit Konventionen betreffend in Form von Gebäudeinnereien wie Rohren und anderen Installationen an den Tag und in die Fassade legte.

Selbstbefreiungsaktionen wie diese prägen seinen Weg: Mit dem Dokumentationszentrum in Nürnberg (2001) rechnete er mit seiner eigenen Vergangenheit als Nazi-Kind ab, indem er das ehemalige Reichstagsgebäude mit einem scharf strukturierten Stahl-Glas-Pfahl durchschoss. An seinem „Steinhaus“ am Ossiacher See baut er mittlerweile seit Jahrzehnten eigenhändig, quasi mit Beton unter den Fingernägeln und jegliche rechte Winkel missachtend.

Domenig unterrichtete an der TU Graz, baute an dem mit, was man heute „Grazer Schule“ zu nennen pflegt, machte Bühnenbilder und Skulpturen und blieb dabei auf eine seltsam kommunikative Art Einzelgänger.

Er ist Künstler, wenn er für sich arbeitet, Architekt, wenn Dienstleistung gefordert ist. Und dass er beides elegant kombinieren kann, macht seine Sonderstellung in der Architektur und in der Kunstszene aus.

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