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Origami-Faltwerke
zuschnitt
13. Juli 2010 - Hani Buri, Yves Weinand
Der Lehrstuhl für Holzkonstruktionen (IBOIS) der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne, kurz EPFL genannt, erforscht die Machbarkeit von Faltwerken aus Holz. Als Grundlage dient Origami, die japanische Kunst des Papierfaltens. Die Kapelle von Saint-Loup ist der erste Referenzbau.

Wegen ihrer tragenden und räumlich-plastischen Wirkung interessieren Faltwerke Ingenieure und Architekten gleichermassen. Die Falten erhöhen die Steifigkeit einer dünnen Fläche, die dadurch nicht nur raumüberdeckend, sondern auch tragend wirkt. Der Rhythmus der Falten sowie das Wechselspiel von Licht und Schatten entlang der gefalteten Fläche können gezielt zur räumlichen Gestaltung eingesetzt werden. Gleichzeitig kann die Tragfähigkeit des Faltwerks durch die Tiefe und die Neigung der Falten beeinflusst werden. Bisher wurden Faltwerke vor allem mit Beton oder mit glasfaserverstärkten Kunststoffen hergestellt. Die Entwicklung von grossformatigen Brettsperrholzplatten und die Möglichkeit, diese mit cnc-Maschinen abzubinden, eröffnen nun auch neue Perspektiven für den Bau von Faltwerken aus Holz.

Wir setzten uns zum Ziel, eine Methode zu entwickeln, durch die solche Faltwerke rasch räumlich dargestellt und verändert werden können. Origami, der Ausgangspunkt der Arbeit, arbeitet mit einfachen Grundtechniken, die durch geometrische Variationen zu einer erstaunlichen Formenvielfalt führen. Auf diese Weise können komplexe Formen rationell und mit einfachen Mitteln erzeugt werden. Diese Eigenschaften wollten wir auf die Konstruktion von Faltwerken mit Brettsperrholz übertragen. Durch intuitives Papierfalten ermittelten wir geeignete Faltmuster und analysierten anschliessend deren Geometrie, um sie in einem 3D-Zeichenprogramm darstellen zu können.

Wir entwickelten eine Methode, bei der doppelt geriffelte Flächen durch zwei polygonale Linien definiert werden: das Riffelungsprofil und das Querschnittsprofil. Das Riffelungsprofil definiert die geraden Hauptfalten von einfach geriffelten Flächen. Diese können durch Umkehrfalten geknickt werden. Eine zweite Riffelung der Fläche verläuft quer zu den Hauptfalten und wird durch das Querschnittsprofil definiert. Dieses bestimmt die Gesamtform der Faltwerkgeometrie und die Knickwinkel der Umkehrfalten. Der gewünschte Faltwerktyp und seine statischen Eigenschaften können durch das Zusammenspiel der beiden Profile festgelegt werden. Die Arbeit zeigt auf, wie durch die Steuerung verschiedener Einflussgrössen Form und Tragfähigkeit der Faltwerke beeinflusst werden können. Die verschiedenen Faltwerktypen haben eine starke, eigenständige Gestalt, sodass einzelne Parameter der Geometrie verändert und projektspezifischen Bedingungen angepasst werden können, ohne dass der architektonische Ausdruck beeinträchtigt wird. Wir sind davon überzeugt, dass dieses Modell zur Darstellung von Faltwerken zu einer produktiven Zusammenarbeit von Ingenieuren und Architekten und zu einer neuen Generation von Holztragwerken führen wird.

Der Bau von Prototypen hat gezeigt, dass solche Faltwerke machbar sind. Die Kapelle von Saint-Loup ist ein erstes Anwendungsbeispiel. Origami-Faltwerke sind jedoch nur eine Möglichkeit, Tragwerke aus Brettsperrholzplatten zu bauen. Weitere Forschungsarbeiten des IBOIS beschäftigen sich mit Modellen, die Flächentragwerke durch iterative Algorithmen generieren, und mit Tragwerken, die von textilen Techniken inspiriert sind. Hani Buri, Yves Weinand

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Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt

Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifelzweifel[at]proholz.at

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