Bauwerk

Museum Sammlung Essl
Heinz Tesar - Klosterneuburg (A) - 1999
Museum Sammlung Essl, Foto: Alexander Eugen Koller
Museum Sammlung Essl, Foto: Alexander Eugen Koller

Gebautes Glaubensbekenntnis

Der Unterehmer Karl Heinz Essl (Baumax) und seine Frau Agnes errichten in Klosterneuburg Österreichs einziges Privatmuseum für zeitgenössische Kunst. Hans Rauscher sprach mit dem Sammler.

4. August 1999 - Hans Rauscher
Standard: Herr Essl, zur Eröffnung im November wird Sie der Bau ein paar Hundert Millionen gekostet haben.

Essl: Über die Kosten spreche ich nicht. Dieses Museum ist so groß wie das Whitney-Museum in New York oder das Modern Art Museum in Los Angeles. Das ist sehr gute internationale Mittelklasse Es hat die ideale Größe. Alles andere ist überdimensioniert.

STANDARD: Sie bauen sich für Ihre Sammlung ein eigenes Museum in Klosterneuburg, weil man Ihnen in Wien keine Möglichkeit gegeben hat.

Essl: Die Diskussion, ein Museum in Wien zu errichten, war für uns abgeschlossen, wir haben uns ja nie aufgedrängt und sind einmal von Busek angesprochen worden, wegen des Turms im Museumsquartier, ein anderes Mal vom Künstlerhaus, aber beides hat sich nicht realisieren lassen. So haben wir ein Depot geplant. Bis wir gefragt, haben, warum nicht ein Museum in Klosterneuburg bauen? Wir sind heute froh, daß das Museum hier steht, wir fühlen uns von der Bevölkerung angenommen. Und wir haben uns nie vorstellen können, uns unter staatliche Führung zu stellen, da wäre der Charme dieser Sammlung verschwunden. Was die Sammlung ausmacht, ist, dass meine Frau und ich unsere unterschiedlichen Geschmäcker einbringen.

STANDARD: Der Architekt Heinz Tesar hat bereits Ihren Firmensitz „Schömerhaus“ gebaut. Was bestimmt den Museums-Neubau?

Essl: Wir haben uns um eine gute Strukturierung bemüht, was die Typologie der Ausstellungsräume betrifft. Jeder Raum hat eine klare, abgeschlossene Struktur: Die Oberlicht-Galerien zur Straße hin, die 1300 Quadratmeter große Ausstellungshalle, eine 800 Quadratmeter große freitragende Halle ohne Stütze - eine kühne Konstruktion. Alles ist in sich geschlossen, aber da und dort gibt es den Blick hinaus in die Natur. Man hat dann die Weite wieder, kann sich regenerieren und sich darauf wieder umso besser der Kunst widmen.

STANDARD: Der Bau steht zwischen der stark befahrenen Wiener Straße und der Au, oben von der Rampe sieht man das Stift Klosterneuburg.

Essl: Das ist eben diese Kombination aus Urbanität und totaler Natur, dazwischen schiebt sich wie ein Keil das Kunsthaus. Man könnte zu schwärmen beginnen über die Verbindung zwischen dem Leben, in dem wir stehen, und der Natur, wie sie Gott geschaffen hat.

STANDARD: Was ist die Philosophie dieses Museums? Die bekannte österreichische zeitgenössische Kunst ist hier vertreten, Rainer, Brus, Pichler, Nitsch, Attersee . . .

Essl: Ja, und wir wollen sehen, was danach kommt, wir wollen die jungen Künstler mit Ausstellungen fördern.

STANDARD: Aber im Kern ist es eine Gesamtschau der österreichischen Kunst nach dem Krieg, wie es sie bisher nicht gegeben hat?

Essl: Wir sammeln seit Beginn der 90er Jahre auch internationale Kunst, was zu einer sehr interessanten Konfrontation führt: Jetzt einmal österreichische Künstler mit einem Baselitz auszustellen, mit den Amerikanern, mit Sam Francis oder Sean Scully, das wird die große Herausforderung für die Österreicher.

STANDARD: Sie sind das einzige große Privatmuseum bildender Kunst in Österreich. Sie haben das amerikanische Konzept übernommen.

Essl: Ein deutsches. Aber ich würde sagen, wir haben eigentlich gar kein Konzept übernommen, weil alles geworden ist, evolutionär hat sich das Kunsthaus entwickelt. Zuerst haben wir privat gesammelt, dann habe ich bewusst Erträge des Unternehmens in die Kunst investiert, dann das Schömer-Haus gebaut, und da kam dann die Idee, moderne Galerie und Bürohaus zusammenzubringen. Der letzte Schritt eines Museumbaus war logisch. Wir kamen zur Überzeugung, dass wir die Kunst nicht in Depots verstauben lassen dürfen. Wir haben eine Beziehung zu unserem Schöpfer, wir sind Protestanten und aus dieser Glaubensethik sehen wir immer wieder eine Beauftragung, etwas zu tun, das nicht nur einem selbst gut tut, sondern auch andere miteinbezieht. Ich bin ein bewusster Christ, auch im Geschäftlichen. Ich denke, dass, wenn ich die Bibel lese, meine Interpretation über das Persönliche hinausgeht, es gibt diese Verantwortung, die einem gegeben wurde, etwas daraus zu machen, die man letztendlich zurückgeben muss.

STANDARD: Sie hätten ja auch eine Schule in Afrika spenden können, warum Kunst?

Essl: Ich bin der Meinung, dass Kunst das Leben bereichert, ohne Kunst würden den Menschen existenzielle, fundamentale Werte abgehen. Mein Leben ist durch die Kunst bereichert worden, das will ich weitergeben. Natürlich, die Schule im Kongo wäre wichtig. Aber ich glaube, es ist besser, etwas zu tun, wo man einen persönlichen Zugang dazu hat.


Ein stolzer Karl-Heinz Essl diskutiert mit Architekt Heinz Tesar sein künftiges Museum der internationalen Mittelgröße. Foto: Reuters

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