Bauwerk

Musiktheater Linz
Terry Pawson, archinauten, Architektur Consult - Linz (A) - 2013

Veränderte Voraussetzungen

Franz Welser-Möst will der Politik Argumente für eine positive Wende liefern und die bisherige Lähmung durchbrechen.

1. August 2001 - Matthias Osiecki
In der Diskussion um den Neubau eines Musiktheaters in Linz kann die Bürgerinitiative, die für ein Projekt in Linz-Urfahr eintritt, einen großen Erfolg verzeichnen: Knapp 8.400 Linzerinnen und Linzer haben den Antrag des „Vereins der Freunde des Musiktheaters“ für den Bau eines neuen Musiktheaters unterschrieben. Das bedeutet, dass sich der Linzer Gemeinderat mit dem Projekt nun neuerlich befassen muss. Die Eintragungsfrist für die Unterstützung der Bürgerinitiative endete am Montagabend.

„Das Ergebnis liegt weit über unseren Erwartungen. Und das trotz der Ferienzeit. Die größten Optimisten gingen von etwa 6.000 Stimmen aus. Überdies war es die bisher einzige Bürgerinitiative, die die Stadt Linz bisher hatte. Nach dem Ergebnis der von der FPÖ initiierten Volksbefragung im Vorjahr gab es eine große Lähmung. Nun versuchen wir - auch mit Einbindung der FPÖ - einen Ausweg aus dieser Krise zu finden. Ich bin sehr glücklich über dieses Ergebnis“, erklärt Franz Welser-Möst, international gefragter Dirigent und Präsident des „Vereins der Freunde des Musiktheaters“.


Mittleres Kultur-Feld erhalten

Warum das neue Musiktheater besondere Bedeutung für Linz und darüber hinaus für das Land habe, erklärt der erfolgreiche und international gefragte Dirigent so: „Wir haben in Oberösterreich eine ungeheure Musikschulen-Kultur. Aber es muss zwischen solchen Institutionen und der Wiener Staatsoper ja noch etwas dazwischen geben. Sonst bricht dieses mittlere Feld auseinander.“

"Wenn ein Intendant geschickt ist, kann er sich mit der neuen Bühne einen Stellenwert in der mitteleuropäischen Opernlandschaft schaffen. Als Beispiel möchte ich das Theater in Meiningen nennen, wo man geschafft hat, dass die Leute wegen des Wagner-„Rings“ dorthin gekommen sind. Ich möchte das neue Projekt mit dem Brucknerhaus vergleichen: Da gab es anfänglich ebenfalls Probleme mit der Akzeptanz. Aber die Errichtung war ein Impuls. Plötzlich war Linz auf der Landkarte der internationalen Symphonieorchester vorhanden", erklärt Welser-Möst.


Kulturland muss investieren

„Wenn man sich schon Kulturland nennt, dann muss man auch in Kultur investieren. Der Linzer Bürgermeister Dobusch und Landeshauptmann Pühringer waren und sind ja für das neue Musiktheater. Wir sind ein unabhängiger Verein mit etwa 5.000 Mitgliedern. An sich sind sich ja alle vier im Landtag vertretenen Parteien einig, dass ein neues Theater notwendig ist. Zudem sind die dazu benötigten Finanzmittel für das Projekt vorhanden. Also gilt es nun, auch die emotionale Hürde zu schaffen“, erklärt Welser-Möst.


Neuer Knalleffekt

Für einen weiteren Knalleffekt sorgte die Initiative am Dienstagmittag mit der Ankündigung des Starts einer Postkarten-Aktion. Damit soll das Ergebnis der von der FPÖ durchgeführten Volksbefragung vom November des Vorjahres „revidiert“ und „umgedreht“ werden. „Das muss in einer Demokratie möglich sein“, meint Welser-Möst.


300.000 „Nein-Sager“ im Vorjahr

Bei der Volksbefragung am 26. November hatten sich in Oberösterreich knapp 300.000 Wählerinnen und Wähler gegen den Bau eines Musiktheaters und knapp 200.000 dafür ausgesprochen. Von diesen Zahlen gehen die „Freunde des Musiktheaters“ jetzt aus. Sie sind der Meinung, dass von den seinerzeitigen „Nein-Sagern“ sehr viel nicht gegen ein neues Musiktheaters an sich sondern nur gegen den Plan waren, dieses im Linzer Schlossberg zu errichten.


Große Postkarten-Aktion

Nun sollen mit der Postkartenaktion - 120.000 Karten sind bereits im Druck - jene Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher angesprochen werden, die seinerzeit mit „Nein“ votierten oder die überhaupt nicht an der Volksbefragung teilnahmen. Auf verschiedensten Wegen - über Organisationen, Künstlervereinigungen usw. - sollen die Postkarten zur Verteilung gelangen.


Drei Wahlmöglichkeiten

Auf der Karte gibt es drei Möglichkeiten zum Ankreuzen: Ob man im November mit „Nein“ gestimmt hat oder ob man überhaupt nicht an der Volksbefragung teilnahm sowie, drittens, ob man für den jetzigen Plan zum Bau eines Musiktheaters auf dem Jahrmarktgelände in Linz-Urfahr ist.

„Wer im November mit Nein gestimmt hat oder nicht teilnahm, der hat jetzt die Möglichkeit, sich für das Projekt in Linz-Urfahr auszusprechen“, erläutert Welser-Möst.


Überlegungen der Initiatoren

Die Überlegungen der Initiatoren: Wenn seinerzeit die Zahl der Nein-Stimmen um 100.000 höher war als jene der Ja-Stimmen, so genügen bei der nunmehrigen Postkartenaktion „50.000 plus eine Stimme“, um - so Welser-Möst - „das Ergebnis der Volksbefragung umzudrehen“.

Er sei optimistisch, dass es dazu kommen werde. Damit wäre ein „Ausweg aus der politischen Sackgasse“ gegeben, in die man nach der Volksbefragung gekommen sei. Ein „revidiertes“ Ergebnis der Volksbefragung wäre aber vor allem auch eine Chance für die FPÖ, ihre Haltung zu modifizieren und dem Neubau auf dem Jahrmarktgelände zuzustimmen.


Gemeinderat am Zug

Dieses Projekt auf dem Jahrmarktgelände in Linz-Urfahr - die so genannten „David-Bühnen“ - wird im kommenden September den Linzer Gemeinderat beschäftigen. Denn bei einem Eintragungsverfahren, das von den Freunden des Musiktheaters initiiert worden war, kamen mehr als 8.000 Stimmen zu Stande. Der Gemeinderat muss nun darüber abstimmen, ob die Stadt Linz das Land Oberösterreich nun auffordern soll, die „David-Bühnen“ in Linz-Urfahr als neues Musiktheater zu errichten.

Sollte der Linzer Gemeinderat - voraussichtlich in seiner Sitzung am 20. September - mit einfacher Mehrheit die von den David-Bühnen-Initiatoren verlangte Resolution beschließen, ginge diese an das Land Oberösterreich. Dort müssten sich dann die Landesregierung und der Landtag damit befassen und entscheiden, ob sie dem Wunsch nach Errichtung des neuen Musiktheaters auf dem Jahrmarktgelände in Urfahr nachkommen.


FPÖ zeigt sich unbeeindruckt

Nicht beeindruckt zeigte sich der oberösterreichische FPÖ-Chef Landesrat Hans Achatz am Dienstagnachmittag von der Ankündigung der „Freunde des Musiktheaters“, mit einer Postkartenaktion das Ergebnis der Volksbefragung aus dem vergangenen November „umdrehen“ und „revidieren“ zu wollen.

Bei der Volksbefragung habe „eine ganze große Mehrheit“ gegen einen Theaterneubau gestimmt, sagte Achatz, „und ich habe keinen Anhaltspunkt, dass sich die Meinung des Volks geändert hat“. Eine solche Meinungsänderung wäre im übrigen „nur durch eine neuerliche Volksbefragung“ zu eruieren „und nicht durch irgendwelche Postkartenaktionen“, meinte Achatz.

Die rund 8.000 Unterschriften des „Eintragungsverfahrens“ in Linz - „ich habe vor den Leuten, die unterschrieben haben, alle Achtung“ (Achatz) - seien nur ein Bruchteil jener Zahl, die bei der Volksbefragung gegen den Neubau eines Musiktheaters gestimmt haben, fügte der FP-Chef hinzu.

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Für den Beitrag verantwortlich: ORF.at

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