Bauwerk

Passerelle Simone de Beauvoir
Dietmar Feichtinger Architectes - Paris (F) - 2006
Passerelle Simone de Beauvoir, Foto: Dietmar Feichtinger Architectes
Passerelle Simone de Beauvoir, Foto: Dietmar Feichtinger Architectes
23. November 2009 - newroom
Die Fußgängerbrücke mit einer Gesamtlänge von 304 m verbindet die neuen Stadtviertel im Osten von Paris, Bercy und Tolbiac, sowie die neue französische Nationalbibliothek und den Park von Bercy. Die Brücke überspannt die Seine und die anliegenden stark befahrenen Uferstrassen. Die Seine nimmt auch hier, ähnlich wie im Zentrum von Paris, einen zentralen Stellenwert im städtischen Raum ein. Das Flussbett der Seine, im Vergleich zu seiner sonstigen durchschnittlichen Breite von 100 Meter im Stadtbereich, ist an dieser Stelle 150 Meter breit. Die beiden bestehenden Brücken im Abstand von 700 Metern begrenzen das « Bassin de Bercy ». Um dieses für Paris einzigartige Becken in seiner Gänze zu erhalten und den auf dem Wasser geplanten Aktivitäten den größtmöglichen Freiraum zu gewährleisten, ist die neue Brücke stützenfrei und überspannt das Becken in einem Zug.Die Passerelle verbindet untrennbar Architektur und Struktur. Zwei Kurven erzeugen die Geometrie der Brü-cke, deren weiche Form sich als Antwort auf das streng geometrischeUmfeld versteht. Diese Kurven sind gleichzeitig Struktur und Wegeführung. Sie bilden einen weitgespannten Druckbogen und ein Zugband. Das Zusammenspiel der beiden Elemente ermöglicht die freie Spannweite von 194 m. Dem Fußgänger bieten sich eine Vielzahl von Möglichkeiten zum Überqueren der Brücke mit unterschiedlichen Perspektiven. 3 Wege begleiten Kurve und Gegenkurve. Der mittlere Weg führt den Druckbogen entlang mit freiem Blick auf Notre Dame und das historische Paris. Die Gegenkurve, dem Zugband entlang, führt nahe ans Wasser. Der Überlagerung der Kraftlinien entspricht die Vernetzung der Wege. Im zentralen Bereich der Brücke erzeugt die Überlagerung von Bogen und Zugband ein Volumen in Form einer Linse. Sie bildet einen einzigartigen öffentlichen Ort über dem Fluss, der zur Tribüne für Veranstaltungen auf dem Wasser wird. Der tiefer liegende Teil der Linse bildet einen Platz mit einer Länge von 65 m und einer Breite von 12 m. Hier sind temporäre Kioske und Cafés vorgesehen, die vom mittleren Band überdeckt und somit gegen Sonne und Regen geschützt werden. Der Platz lädt den Spaziergänger auf halbem Weg zum Verweilen ein.Gleichzeitig bildet die Linse durch den symmetrischen Abstand zu den Ufern das stabilisierende Element im Stadtraum. Die Tragkonstruktion Die Brücke setzt sich aus drei Teilen zusammen – dem zentralen Hauptfeld, das die Seine über-spannt und zwei seitlichen Passerellen, die die Uferstraßen überbrücken und die Anbindungen an die Bibliothèque de France und den Parc de Bercy bilden. Sie ist sowohl vom unteren Strassenniveau, als auch von den beiden oberen Niveaus der Bibliothek und des Parc de Bercy direkt erreichbar. Zusätzlich befindet sich je ein Aufzug aus Glas an den Uferseiten, der körperlich eingeschränkten Personen den Zugang ermöglicht. Die Konstruktion des Hauptfeldes wird von zwei Druckbögen und zwei Zugbändern gebildet, die in zwei vertikalen Ebenen angeordnet sind. Der Abstand zwischen den Ebenen beträgt 5,20 Meter. Die beiden Tragelemente wirken gemeinsam und stabilisieren sich gegenseitig.Diese Struktur wurde wegen ihres räumlichen Potentials und ihrer statischen Effizienz gewählt. Sie ermöglicht größtmögliche Stabilität bei gleichzeitiger maximaler Leichtigkeit und Eleganz. Bogen und Zugband sind durch zur Bogengeometrie radial angeordnete Elemente - vier in einem Punkt zusammenlaufende Stahlrohre, sogenannte „Obelisken“ -, die in den Bogenquer-schnitt eingespannt sind, verbunden und bilden einen halben Vierendeelträger. Die Hauptstruktur ist an den Ufern im Bereich der Auflager eingepannt. Bogen und Zugband kreuzen sich im Viertelpunkt der Spannweite. Ein massiver Gussteil stellt die durchgehende Verbindung von Bogen und Zugband im Kreuzungspunkt her. Das statische System ist einem Gerber-Träger ähnlich, der eine Verringerung des Feldmoments ermöglicht. Die Verankerungen werden von 2 Druckstreben und 2 vertikalen Zugelementen gebildet. Durch die Form der Druckstrebe erreicht man eine Aufteilung der Kräfte: ein Teil wird in die Fundamente geleitet, ein Teil in den Druckbogen. Massive Stahlbänder mit einer Breite von 100cm und einer Stärke von 10cm (im Bereiche der Linse) bzw. 15 cm (in den Seitenbereichen) bilden die Zugbänder. Die beiden Bögen sowie die vertikalen Verbindungselemente und die Verankerungsstreben sind verschweisste Vollwandprofile. Die Unterkonstruktion der Gehwege wird von einer Sekundärstruktur gebildet. Die seitlichen Anbindungen sind vom Haupttragwerk unabhängig. Einfeldträger mit einer Spannweite von ca. 35 m überbrücken die Fahrbahnen. Das Tragwerk besteht aus dem Druck- gurt in der Belagsebene, der durch Zugbänder unterspannt ist. Die Materialien Der Gehbelag ist aus Eichenholz. Die Rutschsicherheit wird durch Epoxidharzeinschlüsse mit Silexeinstreuung im Holz gewährleistet. Die Geländer werden von einem vorgespannten Edelstahlnetz gebildet. Das Geländer ist transparent und gleichzeitig präsent genug, um das notwendige Sicherheitsgefühl zu vermitteln. Die Beleuchtung ist in den Handlauf aus extrudiertem Aluminium integriert. Sie unterstreicht die einzigartige Silhouette der Brücke. Die Passerelle nimmt durch ihre innovative Konstruktion die Tradition der Pariser Brücken auf, die die neuesten Technologien ihrer Epoche - Innovation als Tradition - zum Ausdruck bringen. (nach einem Text der Architekten)

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
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Tragwerksplanung