Bauwerk

Pinakothek der Moderne
Stephan Braunfels Architekten - München (D) - 2002

«Anders als am grünen Tisch»

Eröffnung der Pinakothek der Moderne

16. September 2002 - Birgit Sonna
Nach zahlreichen Querelen und Verzögerungen wird heute in München die Pinakothek der Moderne feierlich eröffnet. Diese neue Institution erweitert die angrenzenden Sammlungen der Alten und der Neuen Pinakothek zu einem einzigartigen Museumskomplex, der Kunstwerke vom späten Mittelalter bis zur Gegenwart umfasst. Dieser grösste Museumsneubau Deutschlands bedeutet für die Bayrischen Staatsgemäldesammlungen auch, dass Moderne und Gegenwart nun endlich in das Angebot mit eingeschlossen werden können. So richtet sich die Aufmerksamkeit gegenwärtig auch ganz besonders auf den neu berufenen Konservator Bernhart Schwenk (geb. 1960), der für die Kunst nach 1950 verantwortlich ist. Nach Schwenks Worten sollen temporäre Ausstellungen erst einmal keine entscheidende Rolle spielen. Im Zentrum sieht er vielmehr den festen Bestand der Sammlung. Nun fällt aber der Bestand an zeitgenössischer Kunst in der Pinakothek der Moderne nicht gerade sehr opulent aus. Schwenk sieht das indes nicht als einen Nachteil an: «Gerade dass diese Sammlung tatsächlich noch in den Anfängen ist, hat mich unglaublich gereizt. Die in der Pinakothek der Moderne vorhandenen, nach 1980 entstandenen Werke sind überwiegend von einer Generation geschaffen worden, die bereits erfolgreich in den Sechzigern und Siebzigern gearbeitet hat: also beispielsweise der reife Bruce Nauman, das Spätwerk von Beuys und Warhol. Diese Künstler stellen wichtige Verbindungen zu Positionen dar, um die wir uns jetzt verstärkt kümmern.»

Der Konservator sieht seine Aufgabe darin, sich vor allem jenen Künstlern zuzuwenden, die erst in den Achtzigern zu arbeiten begonnen haben: «Das sind unter anderem Künstler, die sich bewusst mit der Veränderung von Bildsprachen auseinandersetzen, die etwa Mechanismen und Strategien der Medien zum Thema haben. Diese Arbeiten liessen sich zum Beispiel mit Bruce Nauman in Verbindung bringen; nur dass jemand, der 25 Jahre jünger ist als Nauman ganz anders mit der Medienwirklichkeit umgeht, weil er damit aufgewachsen ist. Arbeiten von Johan Grimonprez, Anri Sala oder Pipilotti Rist sind bereits Teil der Sammlung. Doch auch die klassischen, also die traditionell eher stillen Medien Malerei und Skulptur werden eine Rolle spielen.» Schwenk plant, um feste Pole der Sammlung wechselnde Präsentationen mit junger Kunst zu organisieren, denn «es gibt ältere Positionen, die auch für nachfolgende Generationen identitätsstiftend bleiben. Das ‹Ende des 20. Jahrhunderts› von Beuys gehört sicher genauso dazu wie das unglaubliche Beckmann-Konvolut im Bereich der klassischen Moderne. Ich finde es positiv, wenn eine Sammlungspräsentation in bestimmten Bereichen bewusst statisch bleibt und sich eine Art Rückgrat herausbildet. Darüber hinaus jedoch sollte es meines Erachtens auch Bereiche geben, die einem stärkeren Wechsel unterworfen sind. Dies betrifft insbesondere die zeitgenössische Kunst. Dadurch ergeben sich auch jeweils neue Dialoge mit den älteren Bestandteilen der Sammlung. Die Geschichte soll durch Konfrontationen mit der Jetztzeit lebendig gehalten werden.»

Für Schwenk ist es durchaus vorstellbar, dass die Pinakothek der Moderne an Künstler auch Auftragsarbeiten vergibt und die Produktionskosten übernimmt: «Das Erkunden und Kennenlernen des Gebäudes gemeinsam mit Künstlern stelle ich mir als eine große Herausforderung vor. Man wird dabei bestimmt Bereiche entdecken können, die eine längerfristige Installation förmlich herausfordern. Was nun zur Eröffnung der Pinakothek zu sehen ist, will er längerfristig auch nicht als verbindlich ansehen: «Das wäre eine statische Vorstellung von Museum. Zu einem lebendigen Haus gehört auch, dass man Raumerfahrungen macht, die unter Umständen ganz anders aussehen als die Planungen am grünen Tisch.»

Birgit Sonna

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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