Zeitschrift

TEC21 2011|31-32
Umgenutzt
TEC21 2011|31-32
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Die Lebensdauer eines Gebäudes wird in der Regel mit mindestens 50 Jahren veranschlagt – ein Zeithorizont, der denjenigen der darin stattfindenden Nutzungen oftmals bei weitem übersteigt. Besitzt der Bestand jedoch Potenzial und handelt es sich, wie bei den in diesem Heft vorgestellten Projekten, darüber hinaus noch um Bauten des sekundären Sektors, stellt sich die Frage nach der weiteren Nutzung: Eignen sich eine Fabrik oder ein Silo als Wohnung?

Je nachdem. Manchmal liegt die Qualität gerade in der gewachsenen Struktur eines Ensembles, das mit den vielfältigen Bauten, die eine Produktion erfordert – Lagerung, Herstellung, Administration usw. –, ein inspirierendes Umfeld bieten kann. Eine ehemalige Aromafabrik in Zürich Wollishofen konnte durch die Initiative einer privaten Eigentümergemeinschaft zu einem unkonventionellen Mix aus Wohn- und Gewerbeflächen umgebaut werden. Die Heterogenität des ehemaligen Farbikgeländes erwies sich dabei bald als die eigentliche Seele des Projekts («Das Geheimnis der Mischung»). Eine ähnliche Situation fanden auch die Initianten des Musikerhauses in Basel vor: Auf dem Gelände einer Fabrik für Schalter und Steckdosen befand sich eine Vielzahl von Lager- und Produktionsgebäuden. Die hohen Räume und die auf die Bedürfnisse des Unternehmens ausgerichtete Tragstruktur erwiesen sich als prädestiniert für eine Nutzung durch die Musiker: Schallisolierende Elemente konnten ohne statische Ertüchtigung und ohne Verlust beim Komfort eingebaut werden. Die Vielzahl an Strukturen ermöglicht darüber hinaus verschiedene Wohnformen, von der Mansarde über die Wohngemeinschaft bis zum Gästehaus («Durchgespielte Ambivalenz»).

Beim Umbau des Silos der Obermühle in Baar ZG bestand die Herausforderung dagegen neben der Planung vor allem in der Ausführung: Das ehemalige Getreidesilo mit seinen vertikalen Schächten wurde zum Wohnhaus transformiert – dank den Abklärungen der Ingenieure im Vorfeld in Bezug auf Tragstruktur und Brandschutz konnten die architektonische Idee umgesetzt und Teile des Stahlbetonbaus roh belassen werden. Um im engmaschigen Inneren des Silos Raum für die neuen Wohnungen zu schaffen, wurden einzelne Silozellen etappenweise von oben nach unten rückgebaut – zeitlich genau abgestimmt, um die Stabilität des Gebäudes nicht zu gefährden («Wohnen im Silo»).

Die Beispiele zeigen, dass aus Objekten, die sich auf dem konventionellen Immobilienmarkt vielleicht keiner hohen Wertschätzung erfreuen, mit Eigeninitiative und Mut kleine Bijous entstehen können – dies ohne übermässigen Respekt vor dem Bestand, aber mit einem genauen Blick für dessen Qualitäten.
Tina Cieslik

05 WETTBEWERBE
Prix Acier 2011

10 MAGAZIN
Das Geheimnis der Mischung

16 WOHNEN IM SILO
Tina Cieslik, Clementine van Rooden
Das Getreidesilo der Obermühle in Baar wurde zu einem Wohnhaus umgebaut. Die vertikale Struktur der Schächte blieb teilweise erhalten und lässt die ursprüngliche Nutzung spüren.

21 DURCHGESPIELTE AMBIVALENZ
Rahel Hartmann
Schweizer Wohnungen und Übungsräume für Musiker entstanden auf dem Areal einer ehemaligen Elektrofabrik in Basel. Der Entwurf thematisiert die Widersprüchlichkeiten des Konglomerats.

28 SIA
«Umsicht» 2006/2007 – revisited | Zweites «Trottoir» feierlich eröffnet | Fachkongress Waldflächenpolitik

32 WEITERBILDUNG

37 IMPRESSUM

38 VERANSTALTUNGEN

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Verlags-AG der akademischen technischen Vereine

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