Zeitschrift

TEC21 2013|01-02
Marktreife Moderne
TEC21 2013|01-02
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Fern ist uns die Absicht, zum Jahreswechsel in kulturpessimistisches Gejammer zu ver­fallen. Ebenso wenig liegt uns daran, die Vergangenheit zu verklären. Dass früher – zum Beispiel in der nostalgisch heraufbeschworenen Aufbruchstimmung der 1920er- und 1930-Jahre – alles besser war, stimmt bekanntlich nicht. Selbst die damals aufblühende moderne Architektur ist aus heutiger Sicht nicht über jegliche Kritik erhaben. Wie jede vitale Bewegung hat die frühe Moderne experimentiert, Exzesse betrieben und schwere Fehler begangen – etwa die Funktionentrennung auf städtebaulicher Ebene, mit deren Folgen wir uns noch lange auseinandersetzen müssen.

Doch viele der damals engagierten Architektinnen und Architekten waren von Idealen beseelt, wie sie in unserer übersättigten Zeit kaum noch jemand zu formulieren wagt: menschenwürdiges Dasein, Perfektion, befreites Wohnen, Emanzipation, Reinheit und Ehrlichkeit.

Es ging um nicht weniger als darum, die Welt zu verbessern.
Unsere Kolleginnen und Kollegen von Tracés, unserer welschen Schwesterzeitschrift, haben sich gefragt, was aus diesen hehren Absichten geworden ist. Als Untersuchungsobjekt diente ihnen die urbane Junggesellenwohnung – einmal in der Inter­pretation des Männermagazins Playboy, das in der Nachkriegszeit dezidiert modern eingerichtete Penthouse-Wohnungen für freizügige Männer propagierte, und einmal in Gestalt zweier kürzlich fertiggestellter Studios mit kompaktem Küche-Bad-Block, die zumindest formal an die Kleinstwohnung der frühen Moderne erinnern.

Die Erkenntnisse, die wir in diesem Heft präsentieren, stimmen nachdenklich. Zwar hat sich das Formenvokabular der Moderne in den letzten Generationen fest etabliert: Reduzierte Linien und Materialien, funktionale Küchen und hippe Designmöbel sind mehrheitsfähig geworden. Doch im Zug dieser Popularisierung und der Kommerzia­lisierung, die damit einher ging, haben die Formen ihre ursprüngliche Bedeutung ­eingebüsst. Im Playboy Mansion stand zwar keine brave Hausfrau am Herd, ob aber die devoten «Bunnys», die sich auf den modernen Möbelklassikern tummelten, dem Frauenbild von Architekturpionierinnen wie Margarete Schütte-Lihotzky oder Charlotte Perriand entsprochen hätten, darf bezweifelt werden. Die Sensoren und interaktiven Monitore wiederum, die in den beiden neuen Studios eingesetzt wurden, zeugen von einem Gesellschaftsbild, das eher auf virtuelle als auf reelle Gemeinschaft setzt.

Judit Solt

In eigener Sache
Diese und die nächsten beiden Ausgaben von TEC21 verschicken wir im Rahmen einer Koope­ration an alle Mitglieder des Schweizerischen Verbands der Immobilienwirtschaft (SVIT), ­Sektion Bern. Wir freuen uns, bei dieser Gelegenheit neue Leserinnen und Leser zu begrüssen!

05 WETTBEWERBE
Firmensitz in Frauenfeld

09 MAGAZIN
Pornotopia | Schweizer Architektur fotografiert | Geheime Welt im Gotthard | «Karikatur wird Wissenschaft»

16 HÄUSLICHER PLAYBOY
Christophe Catsaros
Ein Cocktail aus Sex, ­Architektur und Design: Das Männermagazin Playboy hat die moderne Gestaltung po­pularisiert, aber auch zu einem Konsumgut gemacht.

22 KUNSTLOS FUNKTIONAL
Anna Hohler
Die frühe Moderne strebte nach formal perfekten, lebensfreundlichen ­Innenräumen. Hightech-Medienoberflächen ­können deren Behaglichkeit nicht ersetzen.

27 SIA
Ja zum Raumplanungsgesetz! | Kursprogramm Deutschschweiz 1/2013 | Bausünden, Glück und Heimat

33 FIRMEN | PRODUKTE
Gassler | Vectorworks | Nora | Skantherm

37 IMPRESSUM

38 VERANSTALTUNGEN

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Verlags-AG der akademischen technischen Vereine

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