Bauwerk

Museum der Moderne
Friedrich Poerschke Zwink Architekten Stadtplaner - Salzburg (A) - 2004

Ein Museum sucht Anschluss

Fehlt nur noch der Lift: Auf dem Salzburger Mönchsberg eröffnet das Museum der Moderne

24. Juli 2004 - Oliver Elser
Der Kritikerkollege aus Salzburg winkt ab: „Na, wenn Sie das nächste Mal kommen, sollten Sie nicht wieder so was Langweiliges anschauen.“ Für den ehemaligen Salzburger Planungsstadtrat Johannes Voggenhuber, auch er keiner aus der Traditionalistenfraktion, sondern mittlerweile für die Grünen, Österreichs selbst ernannte „Kulturpartei“, in Brüssel tätig, ist das Museum gar ein „kultureller Supergau, der alle Regeln der architektonischen und städtebaulichen Harmonielehre verletzt“, diktierte er kurz vor der Europawahl der APA und brachte sich leichten Fußes noch einmal in die Schlagzeilen. Selbst vom Nachrichtenmagazin aus Hamburg reiste neulich eine Reporterin an, weidete sich an den Hirschgeweihen im Restaurant und dem High-Society-Flair der Museumsleiterin Agnes Husslein, geborene Gräfin Arco, zwitscherte mit gespreizter Spiegel-Ironie kurz über „soliden Purismus“ des Museums drüber, um schließlich den erhobenen Zeigefinger in die Betondecke zu bohren: Für die „oft riesigen Werke der Gegenwartskunst“ seien „die Säle viel zu niedrig“. Einen „Höhenkoller“, haha, hätten sich die Architekten „nur in den Fluren erlaubt“.

Doch was sagen „die Salzburger“? Laut Spiegel, der aber nur den Stehsatz der Salzburger Nachrichten zitiert, schimpfen sie den Bau eine „Schachtel“. 62 Prozent hätten sich gewünscht, dass das Museum der Moderne „besser nicht gebaut worden wäre“. So jedenfalls eine garantiert nicht unparteiische Studie, mit der die Salzburger FPÖ noch im letzten Herbst den Bau meinte anpissen zu müssen. Pardon, aber dieses Wort zählt seit dem Skandälchen, das Direktorin Husslein im Vorjahr mit der Skulptur der Künstlergruppe Gelatin provozierte, nun mal zu den Salzburger Spezialitäten.

In diesem Jahr wird das Festspielpublikum nicht mit feuchten Späßen erschreckt, sondern hinaufgebeten in das fast fertige Museum der Münchner Architekten Friedrich Hoff Zwink. Die Ausstellung „Einleuchten“ überbrückt die Zeit bis zur endgültigen Eröffnung im Oktober mit Lichtinstallationen. „Trockenwohnen“ hieß das früher. Zunächst muss sich das Raumklima einpendeln, bevor die eigentliche Sammlung einziehen kann.

Die Schutthalde aus Ablehnung, Verdrehungen und latenter Unzufriedenheit hat längst die Höhe des Mönchbergs erreicht, weshalb es keine schlechte Idee war, gleich noch eins draufzusetzen und einen Panoramalift zu planen, der die heilige Felswand endgültig zu dem gemacht hätte, was sie nun einmal ist: Europe's most finest Schießplatz für Urlaubsfotos. Zwar mussten die Besucher bis ins Jahr 1948 nicht erst im feuchtkühlen Felsmassiv verschwinden, sondern konnten den Außenaufzug nehmen. Daran anzuknüpfen fehlte dann plötzlich der Mut und angeblich auch das Geld. Der im Wettbewerb siegreiche Entwurf der Architekten DeluganMeissl, ein geknickter Lift, dessen Eleganz an Zaha Hadids Innsbrucker Sprungschatze erinnert, hätte sich erst nach 22 Jahren amortisiert, errechnete die Salzburg AG.

Dem Museum, das der Lift wunderbar ergänzen würde, ist zu wünschen, dass es dann noch steht und nicht in ein riesiges Loch hineingefallen ist, das Hans Hollein seit zig Jahren gerne in den Mönchsberg sprengen möchte. Doch seine Pläne für ein Salzburger Guggenheim-Museum, quasi das Negativ zu Frank Lloyd Wrights Spirale in New York, begeisterten zuletzt niemanden mehr. Außer ein paar Lokalpolitiker, die mittlerweile abgewählt sind.

Salzburg wird sich damit abfinden müssen, nun ein Museum zu besitzen, das zum Besten zählt, was während des Museumsbooms in Europa errichtet wurde. Kein Formfeuerwerk wie in Bilbao natürlich, zum Glück keine spekulative Medienblase wie in Graz, aber auch kein baukünstlerisch überkorrektes Eigentor wie die beiden Kontrastwürfel im Wiener Museumsquartier. Sondern ein Haus, das neutrale, gut proportionierte Räume für die Kunst bereitstellt, sie zu einem sehr einfachen Parcours verbindet, ohne die Geschoße nur zu stapeln (siehe MUMOK in Wien) und in den Raumfugen der Stiegen zwar keinen Höhenkoller hervorruft, wohl aber den Aufstieg aus der Tiefe des Bergs zu feiern versteht.

Die Materialien sind puristisch, keine Frage: Roher Beton empfängt die Besucher an den Aufzügen im Foyer und begleitet sie beim Erklimmen der von oben belichteten Treppenschluchten. In den drei Ausstellungsebenen dominieren weiße Wände, mit einer Schattenfuge für die Lüftung von den Betondecken und -böden abgesetzt. Wenige Öffnungen weisen hinaus, die aber sind spektakulär und unerwartet, zeigen sie doch bis auf zwei Ausnahmen kein Postkartenidyll von Salzburg, sondern die tropisch üppige Vegetation auf dem Mönchsberg oder schneiden den Wasserturm, der aus Geldmangel zunächst ungenutzt bleiben wird.

Der Blick zur Stadt ist dem Restaurant vorbehalten. Wo die Architekten „nichts, aber auch gar nichts“ dem atemberaubenden Panorama in den Weg stellen wollten, hängen nun Hirschgeweihe an der Decke. „Ein später Gag der Postmoderne“, ärgert sich der Architekt Klaus Friedrich. Das Restaurant, gepachtet von Haubenkoch Sepp Schellhorn, ist die einzige Stelle, wo es zu Spannungen mit der Bauherrin Husslein kam, als diese den Mailänder Designer Matteo Thun mit dem Ausbau beauftragte. Drei jungen Architekten ohne jede Museumserfahrung einen Bau wie diesen in die Hände zu geben war mutig, aber der Mut reichte dann doch nicht, allein auf Qualität zu setzen und auf vermeintlich große Namen zu verzichten.

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