Atmosphärische, ethnische und kulturelle Vielfalt sind Kennzeichen hoch entwickelter urbaner Zivilisationen; nichts schlimmer als urbane Agglomeration ohne sie. In der Umgebung des im ersten Stock eines Bürgerhauses der Maria-Theresien-Straße wie eine Schatulle eingepassten Interieurs des neuen Restaurants ist zu sehen, worin die Gefahr des Verschwindens dieser Vielfalt besteht.

Atmosphärische Dichte, so zeigt uns die Arbeit von Rainer Köberl, ist weder eine Folge von Größe, noch eine des Einsatzes opulenter Mittel, sondern eine ihrer subtilen und bis ins Detail gegen alle Widrigkeiten konsequent verfolgten Verwendung.

Mag sein, dass im Rahmen der Vorgaben anspruchsvoller privater Bauherren qualitätsvolle Bauten leichter zu realisieren sind als in der Auseinandersetzung mit der öffentlichen Hand – im Fall des „Sensei“ hatte Köberl für seine stimmige Gestaltung sowohl mit der Verwaltung als auch mit begrenzten finanziellen Mitteln und der „Kleinheit“ des Raumes zu kämpfen – das Ergebnis ist daher umso beachtenswerter.

Rainer Köberl begegnet dem altbekannten Dilemma, Referenz zur kulturellen Herkunft des kulinarisch Dargebotenen herzustellen, ohne dafür die Mittel aus dem formalen Fundus der Kultur des „Gastlandes“, noch aus jenem einer zeitgenössischen Allerweltsarchitektur der Gastronomie zu entlehnen, mit Abstraktion und der schlafwandlerischen Sicherheit in der Verwendung kontrastierender Mittel.

Mit dem „Sensei“ ist Innsbruck um einen exterritorialen Ort kultureller Entrückung bereichert worden – umso wichtiger in einer feindlichen Umgebung der vorschnell auf die vermeintlichen Erwartungen der Touristen gerichteten, leicht konsumierbaren Angebote. (Jurytext: Gerold Schneider)