Akteur

Günther Domenig
* 1934 Klagenfurt 2012 Graz

Günther Domenig 1934-2012

Günther Domenig, Mitbegründer der Grazer Architekturschule, starb 77-jährig. Er brach mit seinen genialen, revolutionären Entwürfen Sehgewohnheiten auf.

16. Juni 2012 - Thomas Trenkler
Günther Domenig grantelte gerne. Er rauchte wie ein Schlot. Er fuhr Sportwägen. Und er war seit Mitte der 1960er-Jahre einer der stilbildenden Architekten Österreichs. Bis zum Schluss ging er bei seinen Projekten immer von einer künstlerischen Idee aus: Er entwarf seine Architekturen nicht am Computer, sondern am Skizzenblock. So entstand auch sein letzter großer Solitär (2004, in Zusammenarbeit mit Hermann Eisenköck, einem hervorragenden Umsetzer von Domenigs genialen Entwürfen): das weithin sichtbare, an ein riesiges Schiff erinnernde T-Center in Wien-St. Marx.

Domenig, geboren am 6. Juli 1934 in Klagenfurt, studierte von 1953 bis 1959 Architektur in Graz. Die steirische Landeshauptstadt wurde nicht nur Wahlheimat, sondern auch Hauptwirkungsstätte. Mit seinen ersten großen Projekten, der Pädagogischen Akademie (1964, mit Eilfried Huth) und dem Mehrzwecksaal der Schulschwestern Eggenberg (1972) in Graz erregte Domenig Aufsehen: Damals war Beton das Material der Stunde. Und schon damals baute Domenig keine plumpen Kisten.

Man musste sich an Domenigs Visionen jedoch erst gewöhnen: Die Fassade seines Hochhauses in Leoben (ehemaliges Forschungs- und Rechenzentrum der Montan-Uni, 1970-1973) bestand aus verrosteten Metallplatten und wurde von der Bevölkerung seinerzeit als Scheußlichkeit empfunden.

Und dann brach Domenig eine Fassade auf - beziehungsweise befreite er sie aus dem Gefängnis des Rasters und gestaltete sie als biomorphes Wesen mit Knochen und Schuppen: Bis heute gilt die Zentralsparkasse in der Wiener Favoritenstraße (1975-1979) als eines der wichtigsten Bauwerke der österreichischen Nachkriegsmoderne. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.

Steinhaus: 22 Jahre Bauzeit

Von 1980 an lehrte Domenig Architektur an der Grazer TU; und von da an arbeitete er auch konsequent an seinem privaten Lieblingsprojekt, dem vielteiligen, verschachtelten Steinhaus in Steindorf. Das expressionistische Gebäude, direkt am Ufer des Ossiacher Sees errichtet, polarisierte die Bevölkerung über Jahre hinweg. Es ist eine spektakuläre, in Beton und Stahl gegossene Gebäudelandschaft aus Fluchten und Schluchten, aus Felsen und Höhlen, an der er mehr als zwei Jahrzehnte arbeitete. Domenigs Opus magnum, das heute einhellig als Meisterwerk gilt, ist öffentlich zugänglich und wird regelmäßig von internationalen Architekturschulen und Unternehmen als Kultur- und Seminarstätte genutzt.

Durchaus mit Stolz erfüllte Domenig, der mit Huth spektakuläre Entwürfe für Bauwerke der Olympischen Spiele 1972 in München geliefert hatte, dass er die von Albert Speer errichtete Kongresshalle am Reichsparteitagsgelände in Nürnberg zu einem NS-Dokumentationszentrum (1998-2001) umbauen durfte: Hier konnte er sich am Nationalsozialismus abarbeiten. Oder - wie er seinen dekonstruktivistischen Entwurf kommentierte: „Ich schieße einen Speer in den Speer hinein.“

Zu den großen Gebäuden, die Domenig realisierte, gehören auch das ehemalige Hauptgebäude der Z-Bank bei Wien Mitte (in das DER STANDARD mit Jahresende einziehen wird), das gut 400 Meter lange ReSoWi-Zentrum der Uni Graz (1993-96) sowie das Landeskrankenhaus Graz West (1998-2000).

Domenig, der auch Bühnenbilder für Opern entwarf und 2004 mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet wurde, starb am Freitagmittag in seiner Wohnung. Wie die Familie mitteilte, habe er den Wunsch geäußert, in seiner Heimat begraben zu werden. Am liebsten wäre ihm natürlich das Steinhaus gewesen.

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