Bauwerk

Wohnanlage Samer Mösl
sps architekten - Salzburg (A) - 2006
Wohnanlage Samer Mösl, Foto: sps architekten zt gmbh
Wohnanlage Samer Mösl, Foto: sps architekten zt gmbh
Wohnanlage Samer Mösl, Foto: Paul Ott
20. September 2006 - Initiative Architektur
Anfang 2003 lobte der Salzburger Bauträger „Heimat Österreich“ einen österreichweit offenen, zweistufigen Wettbewerb für eine mehrgeschossige Passivhauswohnanlage in Holzbauweise im Salzburger Stadtteil Gnigl aus. Das Siegerprojekt von Architekt Simon Speigner als Generalplaner und Holzbau Meiberger aus Lofer als Generalunternehmer wurde 2005/2006 realisiert. Das Team fand bezüglich Städtebau, Passivhaus-Standard und räumlicher Qualität die angemessene Lösung in drei schlanken Baukörpern. Sie führen die benachbarte Wohnbebauung weiter. Gleichzeitig reagieren die leichte Auffächerung der Bauten und deren abgestufte Längenausdehnung auf das angrenzende Grünland. Der Freiraum zum Alterbach bleibt durchlässig, die Siedlung kann an dessen Kleinklima partizipieren. Die Durchwegung führt zum Spielplatz im Westen zwischen Alterbach und unverbauter Wiese. Die Erschließung für den Individualverkehr beschränkt sich sinnvollerweise auf die Ostecke des Grundstücks, die auch einen großzügigen Fahrradabstellbereich aufnimmt.

Das Gelände durchzogen Furchen vom Fluss zum Moor hin annähernd in Nordrichtung. Auf diese Furchen bezog sich der Architekt mit den kluftartig-lichtdurchfluteten Erschließungs- bzw. Stiegenzonen. Diese bilden Durchwegungen, die sich quer zu den langen Baukörpern durch die ganze Anlage schlängeln. Zu Rhythmisierung und Auflockerung der Gebäude tragen auch die Balkonloggien in den „Klüften“ bei. Sie bieten mit rund 11 Quadratmetern attraktive, halb geschützte, halb exponierte Freibereiche für die winkelförmig konzipierten Wohnungen. Die Baukörper bilden sich durch Ineinanderstellen dieser dreigeschossigen Wohnungs-Winkel unterschiedlicher Ausdehnung. Von den 60 Einheiten sind 24 Klein-, 21 Dreizimmer- und 15 Vierzimmerwohnungen. An die Küche im Zentrum der Wohnungen schließen beiderseits – durch Schiebetüren getrennt – Ess- bzw. Wohnbereich an.

Die Orientierung der Wohnungen zu zwei Freibereichen ermöglicht ein Durchwohnen. Die Ausrichtung der Baukörper-Längsachsen in SW/NO-Richtung bietet jedem Raum Sonneneinstrahlung im Tagesablauf, sodass bei allen Fenstern passive Gewinne erzielbar sind. Im Gegensatz zu den beiden bekannten „Gesichtern“ eines Passivhauses – geschlossene Fassade im Norden, eine große Öffnung im Süden – wurden die beiden Seiten gleichartig gestaltet.
Eine kostengünstige, nicht wartungsintensive Pelletsheizung versorgt die Siedlung mit Energie. Diese zentrale Biomasse-Heizung wird ergänzt durch eine 200 Quadratmeter große Solaranlage auf dem Dach des mittleren Hauses sowie kontrollierte Lüftungen in den Wohnungen. Daher war aus Sicht des Planungsteams ein statisches Heizsystem nicht notwenig. Wesentlich für die Passivhaus-Qualität sind hochgedämmte Außenwände von 45 Zentimetern. Architekt Speigner wies den beachtlichen Nutzflächen-Verlust bei der maximal erlaubten Geschossflächenzahl von 0,7 nach. Dies war der Anlass, dass seit 2005 in Salzburg bei Passivhausprojekten vor dem Hintergrund der hohen Wandstärken ein Dichte-Bonus von 5% der Geschossflächenzahl zugeschlagen werden kann.

Die Verwendung von Beton beschränkt sich auf Fundament bzw. Keller sowie die Stiegengerippe: Auf einer Ortbetonscheibe liegen die Podeste auf, dazwischen werden die vorgefertigten Stiegenläufe eingehängt. Ansonsten wurden die Bauten ausschließlich in Holzbauweise errichtet, selbst die brandbeständig auszubildenden Wände zwischen Wohnungen und Stiegenhäusern. Holzbau Meiberger fertigte die Decken aus Kreuzlagenholzplatten und knapp 8000 Quadratmeter Holzriegelwände vor, die in zehn Wochen montiert wurden. Der Anspruch an Nachhaltigkeit, Ökologie, Ressourcen schonendes Bauen und Energieeffizienz beschränkte sich nicht auf den Einsatz von Holz als nachwachsenden, CO2-neutralen Rohstoff. Geringe Bodenversiegelung zeichnet die Anlage mit Gründächern und Regenwassernutzung aus, die natürlich belüftete Tiefgarage erhielt Oberlichten. Mit Zellulose gedämmte, atmungsaktive Außenwände, geölte Holzböden, Holz-Alufenster und Holzterrassen im Erdgeschoß tragen ebenfalls zum hohen Wohnkomfort bei.

Seit 2004 können in Salzburg öffentliche Gebäude und Wohnbauten bis zu vier Geschosse im Vollausbau in Holz errichtet werden, zuvor waren drei Geschosse das Maximum. Die sägerauen Fichtenschalungen der Samer Passivhausfassaden erhielten eine silbergraue Lasur, die vom Ergrauen des Holzes in den kommenden Jahren abgelöst wird. Die Lasur überlagert den natürlichen Prozess mit seiner ungleichmäßigen Abwitterung und sichert für diesen Zeitraum einen homogenen Gesamteindruck. Dieser ist vielen Menschen wichtig und fördert daher die positive Imagebildung der neuen Siedlung.

Die „Heimat Österreich“ feiert sich mit „Österreichs größter mehrgeschossiger Passivhauswohnanlage in Holzbauweise“ als „innovativer und zukunftsorientierter Bauträger“. Bereits beim Architektenwettbewerb 2003 war dieses Selbstverständnis erkennbar, verbunden mit einem für den gemeinnützigen Bauträger nur geringen Risiko. Die Architekten mussten gemeinsam mit dem Generalunternehmer eine Kostengarantie übernehmen. Zudem sollte der Architekt nur mit 74 % der Planungsleistung beauftragt werden. Im Diskurs – auch mit dem Gestaltungsbeirat der Stadt – wurde darüber Konsens gefunden, dass der Architekt Bauaufsicht bzw. 100% der Planungsleistung erhält. Dies hat sich bewährt.

Das komplexe, architektonisch bemerkenswerte Konzept, das u.a. schwierige Bodenverhältnisse zu überwinden hatte, konnte durch entsprechende Prioritätensetzungen erfolgreich und schlüssig umgesetzt werden. Architekt und Generalplaner Speigner und sein Team konnten mit Generalunternehmer Ebster Bau, mit Meiberger Holzbau und „Heimat Österreich“ für die rund 200 Bewohner 60 attraktive Wohnungen planen und realisieren.
Dem Wohnbauprojekt „Passivhaus Samer Mösl in Langwied“ wurde 2006 in der Kategorie Fachjury und Publikumsjury der 1. Rosenheimer Holzbaupreis verliehen. (Text: Norbert Mayr)

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Für den Beitrag verantwortlich: Initiative Architektur

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