Bauwerk

Schaufelschluchtbrücke
Marte.Marte Architekten - Dornbirn (A) - 2012
Schaufelschluchtbrücke, Foto: Marc Lins

ZV-Bauherrenpreis 2015

2. November 2015 - newroom
Dornbirn ist das Handels- und Industriezentrum im „Ländle“. Drei Viertel der Gemeinde sind aber waldreiche Berge, vom Tal auf Mittelgebirgshöhe ansteigend, mit aktiven Weiden und Alpen, durchschnitten von pittoresken Schluchten - heute ein großartiges, wertvolles Naherholungsgebiet, früher mit den herabstürzenden Bächen die Energiequelle der die Region prägenden Textilindustrie. Seit den 1920er Jahren führt vom Ortsteil Gütle eine zehn Kilometer lange Straße hinauf zum Bergdorf Ebnit - traditionell auch ein lokaler Ausflugs- und Luftkurort. Die Route führt durch zerklüftete Felswände, schmale Tunnels, wechselt über Brücken mehrmals die Talseite. Seit 1991 nützt auch der Dornbiner Stadt-Bus im Stundentakt die Trasse. Zur Pflege dieses kommunalen Landwirtschafts- und Erholungsraumes gehört auch die Erhaltung der exponierten Strecke durch Rappenloch, Alploch und Schaufelschlucht. Diese Verbindung ist sehr gefährdet, auch durch die immer rasanteren Starkregen der letzten Jahre. Immer wieder fielen und fallen Felsen auf die Strasse, beschädigten die alten Brücken, die nach fast 100 Jahren am Ende ihrer Lebensdauer sind. 2005 hatten Marte.Marte weiter oben schon die Schanerlochbrücke neu gestaltet. In der Schaufelschlucht ersetzten sie nun eine alte Rundbogen-Brücke unter noch schwierigeren Bedingungen. Der dramatischen Präsenz der Natur - ihrer „schaurigen Schönheit“ - begegnet ein präzise ausgeformtes Tragwerk aus hellem Sichtbeton. Vom bergseitigen Auflager auf einer Felsnase spannt sich ein flacher, nach zwei Seiten gekrümmter, abfallender Bogen zum talseitig in der Felswand liegenden Tunnelportal. Als heller Monolith, als solide Skulptur antwortet die Brücke der Hohlform des roh aus dem Berg herausgehauenen Tunnels, spannt sich kompakteste, letztlich doch ephemere Technik zwischen ragende Steilwände und über die rastlose Dynamik des Wassers, das diese Schlucht über Äonen in die Steinmasse schnitt. Zwei weitere Brücken sind in Planung. So baut die Stadt hier eine „Familie“ kleiner technischer Architekturwerke, die der exzeptionellen Landschaft mit bestmöglichem Niveau begegnen: menschlicher Eingriff als hochkonzentriertes Reagieren auf naturräumliche Fakten. Vorbildlich, wie da eine Gemeinde auch in ihrer Infrastruktur auf gestalterische Qualität und integrative Planung Wert legt. (Jurytext: Otto Kapfinger)

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Archfoto

Faruk Pinjo