Bauwerk

Hotel Messe Wien
Hermann Czech - Wien (A) - 2005
Hotel Messe Wien, Foto: Margherita Spiluttini
Hotel Messe Wien, Foto: Margherita Spiluttini
Hotel Messe Wien, Foto: Margherita Spiluttini
4. Januar 2006 - Az W
Das Problem und gleichzeitig die Chance des Standorts ist die Diskrepanz zwischen dem, was er jetzt ist, und dem was er werden wird. Das Hotel muss zu dieser mittel- und langfristigen Entwicklung beitragen. Schon die jetzige Situation hat bei aller Ambivalenz ein gewisses Potenzial – von den Bürohäusern der Lassallestraße und der Neubebauung des Nordbahnhofgeländes über den Praterstern und die Venediger Au, das Rotlichtviertel um die Stuwerstraße, den „Wurstelprater”, schließlich die Messe selbst mit ihren Erweiterungen und angeschlossenen neuen Nutzungen bis zu Trabrennbahn und Stadion mit anschließendem grünen Prater.

Neben dem allgemeinen touristischen Publikum ist als Zielgruppe – gerade in Verbindung mit den Baumaßnahmen der Messe, den Messeveranstaltungen, aber auch mit den zukünftigen konzeptiven und planerischen Initiativen für das Messeareal – ein kreatives Publikum aus dem geschäftlichen und kulturellen Bereich anzusprechen. Das Hotel ist ein charakteristisches Einzelobjekt des Areals, seine Foyer- und Gasträume müssen einen zwischen Messe und Parkdeck gelegenen Merk-Ort bilden. Dabei sind nicht „paukenschlagartige” Überraschungswirkungen gefordert, sondern eine profunde Eigenart, an die man sich erinnert, wenn man das Gebäude einmal gesehen hat – und wenn man einmal darin war. (Man soll die Charakteristik eines Gastlokals nicht unbedingt bemerken, aber man soll sie sich merken.) Die langfristige Werthaltigkeit des Gebäudes bedeutet nicht, dass es besonders teuer ist. Vielmehr kann gerade ein ökonomisches architektonisches Konzept eine zeitlose Qualität annehmen, wenn es nicht nur auf kurzfristigen Marketing-Überlegungen beruht. Der Nachteil des nahen Parkdecks wird entschärft, indem diese Westseite des Hotels einen repräsentativen öffentlichen Charakter bekommt, also eine Plaza mit Hotelvorfahrt bildet. Die Schräglage des Gebäudes unterstützt die Aufwertung der konkaven Plazafront.

Städtebauliche Figur: Der gekurvte und geneigte Baukörper ist von allen wichtigen Blickrichtungen, auch von der Ausstellungsstraße aus, erkennbar. Der charakteristische Gebäudeumriss nützt die Grundstücksgrenzen aus und definiert dadurch die umliegenden Straßenräume im Sinne einer geschlossenen Bebauung. Der erforderliche Öffentlichkeitscharakter der zwischen Parkdeck und Hotel liegenden „Plaza” bedingt einen im Westen liegenden Haupteingang, die Sicht- und funktionelle Beziehung zur Messe und zur übrigen Umgebung eine gewisse Transparenz der Basisgeschoße. Deshalb weisen Teile dieser Basiszone im Verhältnis zum relativ geschlossenen Volumen der Zimmergeschoße eine größere Raumhöhe auf. Innenraum: Die Neigung des Baukörpers beträgt ca. 3,6 Grad. Dieses Merkbarkeitselement schräger Wände ist (ebenso wie die Rundung des Baukörpers) auch im Inneren – etwa in den Zimmergängen – ansatzweise vorhanden.

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Gästezimmer und -bäder:
Freier Überblick. Da Hotelzimmerschränke ohnehin meist zu voluminös sind und nur zu einem Bruchteil benützt werden, sind sie hier nur 150 cm hoch, was auch zum Hängen von Kleidern genügt, wenn darunter nichts aufbewahrt wird. Der Einblick in den Raum wird nicht verstellt.
Freier Fußboden. Frei verschieblich sind Sessel, Fauteuil, Tischchen; die Schreib- und Arbeitsfläche dagegen ist fest eingebaut und über einem ausklappbaren Kofferbock vergrößerbar. Darunter sind Fußraum (und Reinigung) nicht durch Möbelbeine behindert.
Das französische Fenster bietet schon dem ersten Blick ins Zimmer einen Ausblick nach unten; der Fußboden ist bis hin zur Außenwand belichtet; die Verbindung nach außen ist intensiver als die durch eine raumbreite Verglasung. Das französische Fenster kann vom Gast geöffnet werden und ermöglicht einen Luftzug bis zum Boden. Davor ist deshalb nicht eine Glasbrüstung, sondern ein einfaches Geländer angebracht.
Im Badezimmer schaffen über Eck montierte Spiegel einen größeren räumlichen Eindruck. Der Betrachter sieht sich von jedem Punkt aus.
Ausstattung mit Kunstwerken: Es sind nicht niedrigpreisige Originalgemälde oder Drucke vorgesehen, sondern es wurde mit Frau Dr. Monika Faber (Chefkuratorin der Fotosammlung der Albertina)ein Konzept erarbeitet, das auf fotokünstlerischen Objekten beruht. Monika Faber wählte einen Fotografen und eine Fotografin aus: Seiichi Furuya und Margherita Spiluttini. Beide sind profilierte Fotokünstler der österreichischen und internationalen Szene. Fotos sind relativ kleine Objekte und erlauben eine konzentrierte Betrachtung. Jeweils zwei Objekte eines Fotografen eröffnen eine Polarität und identifizieren das Zimmer nicht mit einem einzigen Motiv. Verkürzt beschrieben, bestehen die Bildpaare von Seiichi Furuya aus Pflanzenmotiven und aus — teilweise aufnahmetechnisch verfremdeten — Wiener Situationen, die Bildpaare von Margherita Spiluttini aus Fotos von vielfach unbekannter Wiener Architektur, wobei die Spannung von Alt und Neu eine Rolle spielt. Zwei einzelne Fotos aus diesem Konzept sind in großem Format im Foyer- und Restaurantbereich angebracht. (Text: Hermann Czech)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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