nextroom.at

Details

Adresse
Mönchsberg, 5020 Salzburg, Österreich
Mitarbeit Architektur Friedrich Poerschke Zwink Architekten Stadtplaner
Christian Hartranft, David Lehmeyer, Rüdiger Gmehlin, Fabian Schebesta
Bauherrschaft
Verein Museum der Moderne am Mönchsberg
Tragwerksplanung
Werner Consult, K+S Ingenieure
Landschaftsarchitektur
Josef Sieberer
Weitere Konsulent:innen
Lichtplanung: Kress & Adams, Atelier Für Tages- und Kunstlichtplanung, Köln
Wettbewerb
1998
Planung
1999
Ausführung
2002 - 2004

Publikationen

Museum der Moderne Mönchsberg, Hrsg. Museum der Moderne Salzburg, Verlag Anton Pustet, Salzburg 2012.
Sibylle Kramer, Iris van Hülst: INSIDE. Interiors of Concrete Stone Wood, Braun Publishing, Berlin 2007.
AURA & CO, Museumsbauten in und aus Österreich seit 2000, Hrsg. afo architekturforum oberösterreich, afo architekturforum oberösterreich, Linz 2007.
Architektur + Wettbewerbe, Museen und Galerien, Karl Krämer Verlag, Stuttgart 2005.

Links

Museum der Moderne: http://www.museumdermoderne.at

Karte

Pläne

Presseschau

23. Oktober 2004 Walter Zschokke
Spectrum

Lockende Stufen

Moderne Klassizität statt falscher Aufgeblasenheit: Salzburg hat für sein Museum der Moderne ein spannungsvolles Gebäude bekommen. Eines, das nicht wichtiger sein soll als die Kunstwerke, die es beherbergt.

Diese Kiste da auf dem Mönchsberg . . ." - „Entschuldigen Sie, eine Kiste wäre aus Holz.“ - „Na dann, diese Schachtel . . .“ - „Ist auch falsch, denn eine Schachtel bestände aus Karton oder dünnem Holz.“ - „Ja, darf man denn überhaupt keine griffigen Metaphern mehr verwenden?“ - „Nein, dürfen Sie nicht, denn Ihre Metaphern greifen daneben und sind maßstäblich falsch. Sagen Sie großer, liegender Quader, und schon stimmt's.“ - „Aber . . .“ - „Halten Sie jetzt die Klappe!“

Neben der gedrungenen Vertikalen des vertrauten Wasserturms, dessen historisierendes Äußeres seit über hundert Jahren erfolgreich um Akzeptanz des camouflierten Zweckbaus bettelt, ist ein horizontal betontes Element dazugekommen. Rahmenartig fasst die zur Stadt gerichtete Ostfassade ein breites Fenster, das den Hochblickenden signalisiert, wie bequem man von dort oben herunterschauen kann. Auf sich aufmerksam macht das Bauwerk mit der massiven Verkleidung aus dem fast weißen hellen Untersberger Marmor, der aus der Nähe stammt und, von nahe besehen, feine rote Äderungen aufweist. Modisches Schwarz hätte den Bau verschwinden lassen; doch wäre das gescheit gewesen? Schließlich sollen Besucher darauf aufmerksam gemacht werden, müssen sie doch mit dem Lift hinauffahren. Und besser als falsche Aufgeblasenheit ist moderne Klassizität allemal. Die neun Zentimeter starke Vormauerung weist Körper und Masse auf, und der lagerhafte Steinschnitt vermittelt Klassizität, subtil gebrochen durch die aufgeraute Oberfläche und ein nach Musikthemen mathematisch umgesetztes Muster schmaler Vertikalschlitze, die der Entlüftung dienen.

Das Haus für die Sammlung Welz, etliche Dauerleihgaben und Ankäufe vieler Jahre, reiht sich somit in die Gruppe jener Muse-umsbauten, die nach außen Dauerhaftigkeit, Sicherheit und Wertkonservativismus vermitteln. Aber ist das Bewahren und Herzeigen von Werken der Moderne, ja selbst zeitgenössischer künstlerischer Arbeiten nicht eine konservierende Tätigkeit? So kommen äußerer Eindruck und Funktion des Hauses zur Deckung.

Doch wechseln wir zum Inneren des mehrgeschoßigen Bauwerks der Münchner Architekten Klaus Friedrich, Stefan Hoff und Stefan Zwink, das hinter dem Aussichtscafé, dem das breite Ostfenster gewidmet ist, quasi versteckt liegt. Der Mönchsberg wird durch einen Torbogen auf dem Niveau des Stadtkerns betreten. Drei schnelle Aufzüge heben die Besucher aus der Kaverne in die Höhe. Sie enden in einer niedrigen Halle, aus der zwei Stiegenläufe hinauf ans Licht und an die Brüstung über der Felswand locken. Der Zugang zum Museum führt aber in die andere Richtung, weiter in den Berg hinein, wo eine geräumige Querhalle die Besucher vorerst zur Ruhe und ans Kassenpult bringt und von wo Garderoben, Shop sowie ein Vortrags- und Mehrzweckraum zugänglich sind. Eine wirklich breite Treppe lädt nun ein, tiefer in den Berg einzudringen, doch zugleich ansteigend auf einen Lichtschein zuzugehen. So gelangt man in eine schluchtartige Querhalle, von der die erste Ausstellungsebene zugänglich ist. Hoch über Kopf schützt ein Glasdach, und rechts führen weitere breite Stiegenläufe zum nächsten Geschoß, denn noch ist man nicht aus dem Berg heraus. Die Säle weisen Kunstlicht auf, es sind Rundgänge, aber auch eine freie Wegsuche möglich. Die Wände sind hier neutral weiß, während die Gang- und Treppenhallen von Mauern aus glattem Sichtbeton umfangen sind, dem ein heller Zuschlagstoff beigemischt wurde, so dass er freundlicher wirkt als der übliche Tiefbaubeton. Eine feine Maßnahme, knapp über der Wahrnehmungsschwelle, aber enorm wichtig.

Natürlich kann man auch den Aufzug nehmen, um in die oberen Geschoße zu gelangen, doch der Weg durch die Treppenschlucht ist architektonisch attraktiver. Nun hat man auch die zur Terrasse befestigte Oberfläche des Berges erreicht. Breite Fenstertüren öffnen sich zum Skulpturenhof im Schatten des Wasserturms. Zwei lange, parallele Säle liegen vor und hinter der Treppenschlucht; im vorderen Gebäudeteil befindet sich auf dieser Ebene das Café.

Nochmals lockt eine Treppe unter gläsernem Dach zum weiteren Aufstieg ins oberste Geschoß, wo die Oberlichtsäle sich S-förmig um die beiden Treppenschluchten legen und Verbindungsgänge sowie ein luftiger Steg einem direkten Zugang dienen. Hier sind mit Bedacht teils sehr große Ausblicksfenster gesetzt, die sich zu den nahe stehenden Bäumen öffnen oder einen Ausblick nach Süden erlauben. Allerdings wird die Durchsicht wegen der starken Filterwirkung gegen UV-Licht beeinträchtigt, wenn zugleich die Sonne aufs Glas scheint. Hier muss die räumliche Konzeption vor den konservatorischen Bedingungen kapitulieren.

Die flach in die Decke eingesetzten Oberlichter beruhigen deren Wirkung, so dass von dort kaum eine visuelle Störung ausgeht. Etwas schwieriger ist es in den unteren Geschoßen mit dem Kunstlicht, das aus stark präsenten, parallelen Leuchtbalken an der Decke kommt. Aber da das Museum nicht streng als neutraler weißer Raum ausgelegt ist, ist dies ein Nebenaspekt in der attraktiven räumlichen Vielfalt, die mittels zusätzlicher Wände variiert und für kleinere Formate und Bildkombinationen anders definiert werden kann.

Dass das Präfix „Star“ nicht immer Erfolg garantiert, gilt nicht nur im Fußball, sondern auch in der Architektur. Dies erweist sich an der von Matteo Thun stammenden Einrichtung des Cafés von der modischen Stange. Lässt sich in dem Gewirr abgeworfener Geweihstangen, welche die Deckenbeleuchtung kaschieren, noch so etwas wie Witz vermuten, sind die Farbkreise an der Rückwand im Café eines Kunstmuseums peinlich. In einer Werkskantine hätte man gesagt: „okay, gut gemeint“. Doch wer weiß, wie flüchtig solche Inszenierungen sind, wird sich nicht aufregen.

Denn die Art und Weise, wie sich das Bauwerk innenräumlich aus dem Berg heraus entwickelt, ist spannungsvoll und engagiert gemacht. Die Trennung von Aufstieg und Abstieg von den Raumfolgen im Ausstellungsbereich sowie die Differenzierung der Geschoße sind sinnvoll. Doch vor allem ist angenehm, dass das Gebäude nicht wichtiger sein soll als die darin auszustellenden Kunstwerke und deren Zusammenschau. Es ist ein dienendes Bauwerk, dessen räumliche Entwicklung in vertikaler und horizontaler Ausdehnung die notwendige „Passegiata“ zwischen einer Bildersequenz, einer Thematik, einer Künstlerpersönlichkeit oder einer Epoche und der nächsten anbietet, also trotz der beachtlichen Ausstellungsfläche von 2300 Quadratmetern, abwechslungsreich bleibt. Salzburg hat damit ein attraktives Haus für seine Sammlung der Moderne und darüber hinaus zielenden Ausstellungen erhalten, dessen Innenleben den Vergleich mit anderen Häusern nicht zu scheuen braucht.

23. Oktober 2004 Oliver Elser
Der Standard

Kunsträume

Heute eröffnet in Salzburg das Museum der Moderne. Endgültig. Vorausgegangen ist ein Marathon von Pre-Events: künstlerische Bespielung des Bauzauns, Voreröffnung mit der Ausstellung „Einleuchten“ im Juli diesen Jahres, Eröffnung des Museumsshops in der vergangenen Woche. Bei dieser Gelegenheit war es möglich, einen Blick in die gerade im Aufbau befindliche Ausstellung zu werfen. Ziemlich eng gehängt, ist der erste Eindruck. Das Museum der jungen Münchner Architekten Friedrich Hoff Zwink (Kritik im ALBUM vom 24.07.04) hatte es von Anfang an nicht leicht. „Die Salzburger verlangen nach Größe, auch wenn sie dabei die Hose voll haben“, schreibt Friedrich Achleitner, der der Auswahljury im Wettbewerb angehörte, in der soeben erschienenen Dokumentation (Museum der Moderne Salzburg, Verlag Anton Pustet, € 28,-). Bekommen haben sie eines der besten Häuser, die während des Museumsbooms in Mitteleuropa errichtet wurden. Es inszeniert den Aufstieg aus dem Berg, ohne zu billigen Metaphern greifen zu müssen. Es dient der Kunst mit neutralen Räumen und ist doch keine Schachtel. Schade, dass ganz am Ende Matteo Thun das Restaurant übertragen wurde. Aber was sind schon Hirschgeweihe gegen das Panorama Salzburgs?

23. Oktober 2004 Markus Mittringer
Der Standard

Kiste mit Jägerstüberl innen drin

Das Salzburger Museum der Moderne ist nun auch offiziell eröffnet - Enttäuschung hinter der geraden Linie ...

Das Salzburger Museum der Moderne ist nun auch offiziell eröffnet. Und lädt ein, die Enttäuschung hinter der geraden Linie zu erleben. Und die Depression im Jägerstüberl

Am Mönchsberg steht ein Jägerstüberl. Es ist von außen nicht als solches zu erkennen. Weil sich nämlich ein karges Museum über das Jägerstüberl stülpt. Dort, wo einst das Café Winkler stand, befindet sich jetzt das Museum der Moderne. Es ist schon länger offen, eröffnet wurde es aber erst jetzt. Das hängt mit den Festspielen zusammen, die frecherweise im Sommer schon stattfanden.

Und da die Salzburger Festspiele ja allerhand Besucher anlocken, zu welchem Zweck ja Salzburg von der Österreich Werbung erst errichtet wurde, musste das Museum eben schon im Sommer eingeleuchtet werden. Und jetzt, da es sich erst richtig fertig zeigt, will gar nicht recht viel Glamour aufkommen.

Allein ein Faktor ist es schon; und startet daher auch gleich mit der Vision einer Sammlung. Mit der Behauptung also, es hätte keine richtige eigene. Weil das, was an Grundstock so da ist - die Sammlung des Kunsthändlers Friedrich Welz, die später dann ergänzt wurde um Figuratives und Fotografie durch Otto Breicha, um Egon Schiele durch Peter Weiermeier - mag nicht recht in den Zeitgeist passen, für den die Direktorin des Hauses steht.

Der Zeitgeist fordert das internationale Format, und so wurde mit allerhand Leihgaben an einer Vision einer Sammlung gearbeitet, die so international werden will, auf dass man sie bald schon nicht mehr von anderen Sammlungen unterscheiden wird können. Das ist ein weiter Weg, aber mit Vanessa Beecroft ist schon ein guter Anfang gemacht. Die findet sich, samt ihren jeweils unterschiedlich gruppierten Nackerten, nun endlich auch in Salzburg.

Eine Tischgesellschaft stellt die Beecroft diesmal unter Zuhilfenahme tadellos gertenschlanker Models - kritisch wie immer - dar. Und mit allerhand Leihgaben aus den bewährten Sammlerhänden der Familien Batliner oder Thyssen Bornemisza oder Ploil, nebst einer Imi-Knoebel-Schenkung durch Thaddaeus Ropac kommt dann, ergänzt durch die untadelig kühle Architektur des Münchner Büros Klaus Friedrich, Stefan Hoff und Stefan Zwink, kommt dann doch Weltstadtstimmung auf, an der Salzach, die - ganz so weltstädtisch wie Graz - auch schon eine Insel hat. Nur weniger Acconci-mäßig, mehr in Richtung der bewährten Atterseeschifffahrt designt. Zum Museum ist sonst noch zu sagen, dass es lichttechnisch besser funktioniert als die eigentliche Eröffnungsschau - Ein-Leuchten - vermuten ließ.

Die über drei Etagen und 2300 Quadratmeter verteilten Räume bleiben aber bedrückend nieder. Doch wichtiger sind ja heutzutage, wo es vorwiegend darum geht, Einnahmen zu lukrieren, der Shop und das Wirtshaus. Das Wirtshaus ist der schönste Raum des neuen Mönchsbergkomplexes. Leider hat ihn Mattheo Thun verschandelt, weil ihm nichts Besseres eingefallen ist, als seine Installation Lusterweibchen - darunter muss man sich jetzt ein von der Decke schwebendes Band aus ganz vielen Hirschgeweihen vorstellen - mit lila bezogenen und ansonsten blattvergoldeten Sessel zu kombinieren.

Mozartkugel-Würfe

Die übrigen Sitzgelegenheiten sind grün, und man greift intuitiv nach einer vollen Ladung Mozartkugeln, den Meister dorthin zu bomben, wo er auch hingehört: in die 80er-Jahre, in denen man sich unter Design etwas unbedingt Lustiges vorzustellen hatte. Da hilft letztlich nur noch die Zuflucht. Eva Schlegl hat eine Lounge gebaut - so etwas braucht ein Museum heutzutage unbedingt - in der man es echt aushält. Zumal man ja im Shop ein Buch kaufen kann, um abzutauchen.

Salzburg hat nun also auch offiziell ein Museum der Moderne. Es schaut tadellos aus, ist aber voll von Kunstwerken, die gemäß der Vision ausgesucht wurden, es möglichst schnell verwechselbar zu machen. Das ist schade. Weil, wie Tim Noble & Sue Webster in ihrer Neonarbeit so allgemein gültig feststellen: Man hätte so gerne wieder einmal „fucking beautiful“ gesagt und damit nicht nur die Hülle gemeint.

23. Oktober 2004 Thomas Trenkler
Der Standard

Schausbergers Genugtuung

Kein Luftschloss wie Guggenheim: Das Museum der Moderne

Schuld waren eigentlich die Casinos Austria. Wollten doch die Glücksritter über das Jahr 1999 hinaus, in welchem der Mietvertrag auslief, auf Schloss Kleßheim residieren - und nicht wieder zurück ins Café Winkler am Mönchsberg. Sie boten daher an, den Umbau des architektonisch missglückten 70er-Jahre-Baus mitzufinanzieren.

Hinzu kam, dass ein Guggenheim-Museum im Berg, für das Hans Hollein bereits 1990 seine Pläne präsentiert hatte, aufgrund Naturschutz- und Kostengründen nicht so leicht umzusetzen schien: 1996 beteuerte Franz Schausberger, damals VP-Landeshauptmann, er hätte Guggenheim zwar nie aufgegeben, aber „wir haben auf dem Mönchsberg eine Ruine. Die wäre für eine kulturelle Nutzung möglich.“

Und er trug Klaus Albrecht Schröder, damals Leiter des Kunstforums in Wien, auf, eine Museumsordnung für Salzburg zu entwickeln. Kernstück des im Februar 1997 präsentierten Konzeptes war ein neues Museum für moderne Kunst samt Ausstellungshalle: Das Rupertinum sollte nur mehr die Grafik und die Fotosammlungen beherbergen, der Rest zusammen mit Privatsammlungen (darunter jene des Liechtensteiner Ehepaars Herbert und Rita Batliner) auf den Mönchsberg wandern.

In der Folge wurde ein von Schröder betreuter Architekturwettbewerb ausgeschrieben: Die Substruktionen sollten erhalten bleiben, die Baumassen des bestehenden Gebäudes nicht verändert werden. Die Kostenobergrenze lag bei 21,8 Millionen Euro.

Ende Juni 1998 war der Wettbewerb, an dem sich 145 Architekten(teams) beteiligt hatten, entschieden - zugunsten von Stefan Zwink, Stefan Hoff und Klaus Friedrich aus München. Das Siegerprojekt zeichne sich, so die Jury, durch präzise Bezugnahme auf den Ort aus. Dies äußere sich sowohl im Panoramafenster des Restaurants hin auf die Altstadt als auch in der Bedachtnahme auf den historischen Wasserturm.

Im Februar 1999 war die Finanzierung gesichert: Je 8,72 Millionen Euro würden das Land Salzburg und der Bund beisteuern, die restlichen 4,36 Millionen diverse Sponsoren. Der Baubeginn sollte 2000 erfolgen, die Eröffnung 2002.

Nach wie vor wurde am Plan festgehalten, die Sammlung Batliner zu zeigen, da die Bestände des Rupertinums nicht geeignet seien, zumindest 100.000 Besucher pro Jahr anzulocken. Batliner war aber wiederholt mit dem Verdacht der Geldwäsche in Verbindung gebracht worden: Die Grüne verlangten daher eine Nachdenkpause - und plädierten für die Realisierung des Guggenheim-Museums.

Schausberger beteuerte, an diesem sehr wohl interessiert zu sein, das Museum am Berg war ihm aber weit wichtiger: Es sei kein Gegenprojekt zu jenem im Berg, aber ein realitätsbezogenes und vor allem finanzierbares. Eine Diskussion über ein zusätzliches Museum (zusammen das „Kunstzentrum Mönchsberg“) sei nur dann sinnvoll, wenn die Stadt definitiv ein Drittel der Kosten übernimmt - und wenn verbindliche Beschlüsse über die Widmung (u. a. Raumordnung und Baurecht) vorliegen.

Die Stadt legte sich dennoch quer: Das Land musste erst drohen, alle Pläne fallen zu lassen, wenn sich der Baubeginn weiter verzögere. Im August 2001 wurde schließlich die Bewilligung erteilt, im Frühjahr 2002 mit dem Abriss des Café Winkler begonnen.

Anfang März 2004 verlor Schausberger die Landtagswahlen. Aber er hatte seine Genugtuung: Der Kostenrahmen (22 Mio. Euro) wurde eingehalten, die Voreröffnung des Museums fand im Sommer statt. Guggenheim hingegen bleibt ein Luftschloss.

17. August 2004 Hubertus Adam
Neue Zürcher Zeitung

Epigonaler Minimalismus

Das Museum der Moderne in Salzburg

Der Blick vom gerade auf dem Mönchsberg in Salzburg fertiggestellten Museum der Moderne ist atemberaubend. Weniger inspirierend ist hingegen die Architektur des Neubaus, die mit dem Minimalismus flirtet, aber lediglich Mittelmässigkeit erreicht.

Es gibt Situationen, da gerät selbst Kleinmut zur Befreiungstat: Im Juli 2001 beschloss der Salzburger Gemeinderat die Realisierung des Museums der Moderne auf dem Mönchsberg und beendete damit eine 15 Jahre währende Diskussion. Begonnen hatte alles in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre, als die barocke Stadt an der Salzach unter einem engagierten Stadtrat die zeitgenössische Architektur für sich entdeckte. Neben österreichischen Grössen arbeiteten die Schweizer Michael Alder, Diener & Diener oder Bétrix Consolascio am «Salzburg-Projekt», und Alvaro Siza gewann den Studienauftrag für den Mönchsberg: Das Casino und Café Winkler, ein belangloser Flachbau aus den siebziger Jahren, der wegen seiner grandiosen Aussicht über Dom, Festspielhäuser sowie die Festung Hohensalzburg zu den beliebtesten Attraktionen der Stadt zählte, sollte grundlegend umgebaut werden.

Diskussionen ohne Ende

Mehr Aufmerksamkeit als Sizas Projekt erzielte 1988 Hans Holleins Entwurf, die erste Europa- Dépendance der Guggenheim Foundation als gewaltige Kaverne in den Nagelfluh des Mönchsbergs zu sprengen - gleichsam eine Fusion aus dem Negativ von Frank Lloyd Wrights New Yorker Guggenheim-Spirale und Fischer von Erlachs Felsenreitschule. Auch wenn der Landeshauptmann dem Vorhaben 1990 eine Absage erteilte, blieb Holleins Vision in der Diskussion - selbst dann noch, als Guggenheim-Chef Thomas Krens sich für Frank O. Gehry und den Standort Bilbao entschieden hatte. Ende der neunziger Jahre schliesslich rückte der Mönchsberg erneut ins Blickfeld der Öffentlichkeit: Nicht mehr Museum im Berg, sondern Museum auf dem Berg lautete das Gebot der Stunde, und in einem Wettbewerb von 1998 unter Vorsitz von Luigi Snozzi konnten sich die jungen Münchner Architekten Klaus Friedrich, Stefan Hoff und Stefan Zwink durchsetzen. Die Box, welche die Sieger an die Stelle des Cafés Winkler neben der Vertikalen eines historisierenden Wasserturms zu placieren vorschlugen, stiess indes auf verhaltene Resonanz, und letztlich war nicht recht einsichtig, was denn eigentlich auf dem Mönchsberg ausgestellt werden sollte.

Restaurant als Herzstück

Kontakte zu privaten Sammlern wurden geknüpft und zerschlugen sich wieder. Inzwischen hat das Stammhaus Rupertinum eine Kollektion zeitgenössischer Kunst zusammengetragen, die - ergänzt durch Dauerleihgaben - zur Eröffnung des neuen Museums am 23. Oktober unter dem Titel «Vision einer Sammlung» erstmals zu sehen sein wird und, laut Pressemitteilung, «ein Panorama entwirft, das als Zielsetzung der weiteren Sammlungstätigkeit zu verstehen ist». Doch offensichtlich trauten die Verantwortlichen der Zugkraft ihrer Eröffnungsschau nur bedingt und veranstalten nun während der Festspiel-Saison eine Art von Voreröffnung mit der Ausstellung «ein-leuchten». Das Kalkül ist vermutlich richtig: Auffallen in Salzburg, das geht nur während der Festspiele, und der Mönchsberg ist von den Festspielhäusern nur knapp 200 Meter zu Fuss und 60 Höhenmeter im Lift entfernt.

Während Baumaschinen noch lautstark die Umgebung modellieren, ist der Bau fertiggestellt, und endlich hat auch Salzburg sein Museum für moderne Kunst - nach Wien, nach Klagenfurt, nach Linz, nach Graz. Auch das Café-Restaurant hat seinen Betrieb aufgenommen. Der prominente Spitzenkoch und Präsident der österreichischen Hoteliervereinigung, Sepp Schellhorn, sowie das Interior-Design von Matteo Thun garantieren dem Restaurant «Mönchsberg» sein Publikum - zusammen mit der Freiterrasse und ihrem atemberaubenden Blick über die Stadt. Das Restaurant bildet denn auch gewissermassen das Herzstück des neuen Museums: Zur Talseite hin überspannt die mit Platten aus Untersberger Marmor verkleidete Betonstruktur bügelartig den vitrineartigen Gastraum. Wirkt schon diese Kombination etwas schematisch, so nimmt man die 35 Meter lange Fassade mit ihrer simplen Box- Ästhetik von unten kaum als ästhetischen Gewinn für das Stadtbild wahr.

Da hilft es auch wenig, wenn die Architekten Friedrich, Hoff und Zwink durch die unterschiedliche Grösse des Plattenzuschnitts sowie schlitzartige Vertikalfugen - das Vorbild der Bauten von Ortner & Ortner ist überdeutlich - Lebendigkeit der Oberflächen zu erzielen suchten. Das in grauem Sichtbeton realisierte Innere gliedert sich in drei Raumschichten, die durch die beiden als Lichthöfe ausgebildeten Treppenhäuser getrennt sind. Unterirdisch gelangt man vom Mönchsberg- Lift aus direkt in das Foyer mit Auditorium und Museumsshop. Die zweite Ebene beherbergt Kunstlichträume, die dritte - auf der sich auch das Restaurant befindet - öffnet sich mit einem Panoramafenster zum Skulpturengarten auf der Nordseite und lässt den benachbarten Wasserturm über Gebühr ins Blickfeld treten. Die vierte Ebene schliesslich besteht aus Sequenzen von Oberlichtsälen.

Vorpremiere

Die gemeinsam mit «T-B A21» (Thyssen-Bornemisza Art Contemporary, Wien) organisierte Ausstellung «ein-leuchten» vereint Lichtobjekte und Lichtinstallationen zeitgenössischer Künstler. Der Bogen spannt sich von Jenny Holzer über Pipilotti Rist und Silvie Fleury bis hin zu Olafur Eliasson, der mit einigen neuen Arbeiten vertreten ist. Bald trifft man auf Discokugeln von John Armleder, dann wieder auf Neonarbeiten von Tracy Emin, Tim Noble und Sue Webster. Um die Werke zur Geltung zu bringen, mussten die Innenräume weitgehend verdunkelt werden. Gerade die Räume im obersten Stockwerk können so ihre Wirkung kaum entfalten. Aber auch ohne Abdunklung vermögen die Räume wohl kaum Faszination auszulösen. Gewiss, sie entsprechen den Konventionen, wie heute ein Museum für zeitgenössische Kunst auszusehen hat: reduzierte Materialpalette, orthogonale Anordnung der Säle, unterschiedliche Belichtungssituationen. Also alles richtig gemacht? Man könnte sagen ja, denn das Museum der Moderne ist flexibel und funktioniert gut. Doch woran es ihm fehlt, das ist räumliche Magie, das ist zurückhaltende Eleganz, das ist subtile Spannung. Etwas brav und banal kommt das neue Gebäude daher - Minimalismus auf epigonalem Niveau.

24. Juli 2004 Oliver Elser
Der Standard

Ein Museum sucht Anschluss

Fehlt nur noch der Lift: Auf dem Salzburger Mönchsberg eröffnet das Museum der Moderne

Der Kritikerkollege aus Salzburg winkt ab: „Na, wenn Sie das nächste Mal kommen, sollten Sie nicht wieder so was Langweiliges anschauen.“ Für den ehemaligen Salzburger Planungsstadtrat Johannes Voggenhuber, auch er keiner aus der Traditionalistenfraktion, sondern mittlerweile für die Grünen, Österreichs selbst ernannte „Kulturpartei“, in Brüssel tätig, ist das Museum gar ein „kultureller Supergau, der alle Regeln der architektonischen und städtebaulichen Harmonielehre verletzt“, diktierte er kurz vor der Europawahl der APA und brachte sich leichten Fußes noch einmal in die Schlagzeilen. Selbst vom Nachrichtenmagazin aus Hamburg reiste neulich eine Reporterin an, weidete sich an den Hirschgeweihen im Restaurant und dem High-Society-Flair der Museumsleiterin Agnes Husslein, geborene Gräfin Arco, zwitscherte mit gespreizter Spiegel-Ironie kurz über „soliden Purismus“ des Museums drüber, um schließlich den erhobenen Zeigefinger in die Betondecke zu bohren: Für die „oft riesigen Werke der Gegenwartskunst“ seien „die Säle viel zu niedrig“. Einen „Höhenkoller“, haha, hätten sich die Architekten „nur in den Fluren erlaubt“.

Doch was sagen „die Salzburger“? Laut Spiegel, der aber nur den Stehsatz der Salzburger Nachrichten zitiert, schimpfen sie den Bau eine „Schachtel“. 62 Prozent hätten sich gewünscht, dass das Museum der Moderne „besser nicht gebaut worden wäre“. So jedenfalls eine garantiert nicht unparteiische Studie, mit der die Salzburger FPÖ noch im letzten Herbst den Bau meinte anpissen zu müssen. Pardon, aber dieses Wort zählt seit dem Skandälchen, das Direktorin Husslein im Vorjahr mit der Skulptur der Künstlergruppe Gelatin provozierte, nun mal zu den Salzburger Spezialitäten.

In diesem Jahr wird das Festspielpublikum nicht mit feuchten Späßen erschreckt, sondern hinaufgebeten in das fast fertige Museum der Münchner Architekten Friedrich Hoff Zwink. Die Ausstellung „Einleuchten“ überbrückt die Zeit bis zur endgültigen Eröffnung im Oktober mit Lichtinstallationen. „Trockenwohnen“ hieß das früher. Zunächst muss sich das Raumklima einpendeln, bevor die eigentliche Sammlung einziehen kann.

Die Schutthalde aus Ablehnung, Verdrehungen und latenter Unzufriedenheit hat längst die Höhe des Mönchbergs erreicht, weshalb es keine schlechte Idee war, gleich noch eins draufzusetzen und einen Panoramalift zu planen, der die heilige Felswand endgültig zu dem gemacht hätte, was sie nun einmal ist: Europe's most finest Schießplatz für Urlaubsfotos. Zwar mussten die Besucher bis ins Jahr 1948 nicht erst im feuchtkühlen Felsmassiv verschwinden, sondern konnten den Außenaufzug nehmen. Daran anzuknüpfen fehlte dann plötzlich der Mut und angeblich auch das Geld. Der im Wettbewerb siegreiche Entwurf der Architekten DeluganMeissl, ein geknickter Lift, dessen Eleganz an Zaha Hadids Innsbrucker Sprungschatze erinnert, hätte sich erst nach 22 Jahren amortisiert, errechnete die Salzburg AG.

Dem Museum, das der Lift wunderbar ergänzen würde, ist zu wünschen, dass es dann noch steht und nicht in ein riesiges Loch hineingefallen ist, das Hans Hollein seit zig Jahren gerne in den Mönchsberg sprengen möchte. Doch seine Pläne für ein Salzburger Guggenheim-Museum, quasi das Negativ zu Frank Lloyd Wrights Spirale in New York, begeisterten zuletzt niemanden mehr. Außer ein paar Lokalpolitiker, die mittlerweile abgewählt sind.

Salzburg wird sich damit abfinden müssen, nun ein Museum zu besitzen, das zum Besten zählt, was während des Museumsbooms in Europa errichtet wurde. Kein Formfeuerwerk wie in Bilbao natürlich, zum Glück keine spekulative Medienblase wie in Graz, aber auch kein baukünstlerisch überkorrektes Eigentor wie die beiden Kontrastwürfel im Wiener Museumsquartier. Sondern ein Haus, das neutrale, gut proportionierte Räume für die Kunst bereitstellt, sie zu einem sehr einfachen Parcours verbindet, ohne die Geschoße nur zu stapeln (siehe MUMOK in Wien) und in den Raumfugen der Stiegen zwar keinen Höhenkoller hervorruft, wohl aber den Aufstieg aus der Tiefe des Bergs zu feiern versteht.

Die Materialien sind puristisch, keine Frage: Roher Beton empfängt die Besucher an den Aufzügen im Foyer und begleitet sie beim Erklimmen der von oben belichteten Treppenschluchten. In den drei Ausstellungsebenen dominieren weiße Wände, mit einer Schattenfuge für die Lüftung von den Betondecken und -böden abgesetzt. Wenige Öffnungen weisen hinaus, die aber sind spektakulär und unerwartet, zeigen sie doch bis auf zwei Ausnahmen kein Postkartenidyll von Salzburg, sondern die tropisch üppige Vegetation auf dem Mönchsberg oder schneiden den Wasserturm, der aus Geldmangel zunächst ungenutzt bleiben wird.

Der Blick zur Stadt ist dem Restaurant vorbehalten. Wo die Architekten „nichts, aber auch gar nichts“ dem atemberaubenden Panorama in den Weg stellen wollten, hängen nun Hirschgeweihe an der Decke. „Ein später Gag der Postmoderne“, ärgert sich der Architekt Klaus Friedrich. Das Restaurant, gepachtet von Haubenkoch Sepp Schellhorn, ist die einzige Stelle, wo es zu Spannungen mit der Bauherrin Husslein kam, als diese den Mailänder Designer Matteo Thun mit dem Ausbau beauftragte. Drei jungen Architekten ohne jede Museumserfahrung einen Bau wie diesen in die Hände zu geben war mutig, aber der Mut reichte dann doch nicht, allein auf Qualität zu setzen und auf vermeintlich große Namen zu verzichten.

22. August 1998 Liesbeth Waechter-Böhm
Spectrum

Wirklich weh tut's keinem

Demokratisch, offen, anonym: Architektenwettbewerbe sind auf den ersten Blick der ideale Modus der Projektfindung. Aber nicht immer - wie das Siegerprojekt des Wettbewerbs zum „Museum der Moderne auf dem Mönchsberg“ zeigt.

Wettbewerbe sind eine Einrichtung gegen die sich schwer argumentieren läßt. Dieser demokratische Modus zur Projektfindung, bietet Architekten eine Chance, sich zu profilieren, vor allem den jungen. Und er ist nicht selten der konkrete Anlaß, auch einmal solche Aufgaben konkret durchzuarbeiten, die im beruflichen Alltag ansonsten nicht vorkommen. Ohne Wettbewerbe käme es zu einer Verarmung der architektonischen Vielfalt und zu einer Austrocknung des architektonischen Berufsfeldes.

Man kommt nicht umhin, sich diese Tatsachen ins Bewußtsein zu rufen, wenn man über den Ausgang des europaweiten, einstufigen, offenen, anonymen baukünstlerischen Realisierungswettbewerbes zum „Museum der Moderne auf dem Mönchsberg“ nachdenkt. Vorneweg: Stürme der Begeisterung über das zur Realisierung empfohlene Siegerprojekt der jungen Münchner Architektengemeinschaft Stefan Zwink, Stefan Hoff und Klaus Friedrich sind nicht angesagt. Dabei hätte man sich genau die gewünscht.

Es ist die altbekannte und sehr österreichische Zwickmühle: Über irgendein Bauvorhaben wird so lange gestritten und diskutiert, bis es zu einer Zwangslösung kommt, von der vor allem die fachlich qualifizierten Diskutanten nur mit großen Einschränkungen überzeugt sind. Aber diese Einschränkungen lassen sich hierzulande ab einem gewissen Stand der öffentlichen Erörterung nicht mehr artikulieren, denn sie würden der falschen Seite zugeschlagen; sie würden, schlimmer noch, nicht die beabsichtigte, sondern eine gegenteilige Wirkung erzielen.

Salzburg hat in dieser Hinsicht viel mit Wien gemein. Und dort steht das wahrscheinlich prominenteste Bauvorhaben der Zweiten Republik, das sich einer vergleichbar ausweglosen Situation verdankt: das Haas-Haus von Hollein. Auch damals hat die qualifizierte Fachöffentlichkeit genau gewußt, daß das Projekt in seiner Endfassung weder städtebaulich noch in seiner architektonischen Durchbildung optimal ist. Aber auf dieser sachlichen Ebene hätte man öffentlich nicht operieren können, ohne sich unversehens im falschen politischen Lager zu finden beziehungsweise das Projekt grundsätzlich in Frage zu stellen. Und beides wollte wirklich keiner.

In Salzburg sind die Weichen ebenfalls in diese Richtung gestellt, obwohl kein prominenter Architekt im Spiel ist, nur ein prominenter Bauplatz. Salzburg hat jahrzehntelange Diskussionen über das Café Winkler und das inzwischen verwaiste Casino auf dem Mönchsberg hinter sich, es hat unbedingt diskussionswürdige Projekte - Sizá, Hollein - nicht weiterverfolgt, aber es hat mit einem demokratischen, offenen, anonymen Verfahren einen neuen Anlauf genommen. Und jetzt ist der politische Wille wirklich da, das von einer höchst qualifizierten Fachjury - Vorsitz: Snozzi; Mitglieder: unter anderem Achleitner, Schweighofer, Schattner, Czech - gekürte Siegerprojekt zu realisieren.

Aber man wird darüber nicht froh. Und gleichzeitig getraut man sich kaum, seine Vorbehalte zu formulieren. Denn man kann ja nicht sagen, daß das Siegerprojekt schlecht ist. Alle 145 Wettbewerbsbeiträge sind öffentlich ausgestellt. Aber es ist mir praktisch nicht passiert, daß ich innegehalten hätte, weil ein inhaltliches Konzept, eine formale Lösung so beeindruckend gewesen wäre, daß ich mehr hätte wissen wollen.

In dieser Ausstellung bleibt man stehen, weil man den Namen eines Architekten kennt und erfahren will, was er vorgeschlagen hat. Und weil man sich fragt, ob man auch ohne Kenntnis seines Namens (es geht um ein anonymes Verfahren) auf diesen Vorschlag reagiert hätte oder es nur tut, weil man jetzt weiß, von wem er ist? Im Angesicht des Krischanitz-Projektes, um die Sache zu konkretisieren, bin ich selbst zu keiner Antwort gekommen. Der Kommentar eines Jurors, daß es Krischanitz sehr geschadet habe, daß er „Museum“ auf sein Haus geschrieben hat (Frage: Was ist das für ein Haus, das so etwas nötig hat?), kann mich allerdings auch nicht zufriedenstellen.

Es ist nicht so, daß man der Jury nachsagen könnte, sie habe das entscheidende Projekt mißachtet. Wer will schon in das weitgehend vorgegebene Bauvolumen eine Adaption der Guggenheim-Spirale implantiert sehen? Oder aus dem Berg Schlitze herausgeschnitten, die dann oben auf dem Hang als Stelen aufgerichtet sind? Raimund Abraham hat einen gewaltigen „Drachen“ auf den Mönchsberg gestellt, dem man allerdings eine Qualität nicht absprechen kann: Er hat die (Ausschreibungs-)Diktion vom Umbau ernst genommen und sehr viel mehr von der Bausubstanz erhalten als die meisten anderen Mitbewerber, ohne daß die Stringenz seiner Architektur darunter gelitten hätte. Insofern wäre sein Projekt preiswürdig, zumindest ankaufwürdig gewesen.

Andererseits erstaunlich, daß etwa ein Antonio Citterio ein Projekt vorschlägt - Naturstein-Mauerwerk in Verbindung mit leichter Konstruktion - , das in Süditalien angemessen sein mag, aber - bei aller Präsenz einer gewissen Italianità - in Salzburg? Und Ben van Berkel hat sich eigentlich um überhaupt nichts gekümmert, er hat einfach seine ureigene Entwurfshaltung auf den Mönchsberg verpflanzt - ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Rücksicht auf spezifische Anforderungen.

Man kommt nicht umhin: Es bleibt (fast) nur das Siegerprojekt übrig. Aber das ist leider eine ziemlich flaue Angelegenheit: Der Hauch der Inspiration weht einem jedenfalls nicht entgegen.

Es ist brav: Oberirdisch zwei Geschoße, flach hingeduckt, eine Terrasse zur Stadt und ein gewaltiges Panoramafenster, eine Steinfassade (Niederfluh, das Konglomerat des Mönchsberges). In das oberirdische Gebäudevolumen eingeschnitten sind zwei hofartige Räume, sodaß für natürliche Belichtung gesorgt ist. Diese Räume sind zwar nur etwa sieben Meter breit (Länge des Baus: circa 35 Meter), aber zumindest im einen Fall liefern sie letztlich die Rechtfertigung für jene übergebührliche, sentimentale, aber auch von der Jury sanktionierte Berücksichtigung des Wasserturms neben dem jetzigen Café Winkler. Wer künftig durch das Museum geht, hat diese architektonische Belanglosigkeit sozusagen als Orientierungspunkt vor Augen.

An dieser Stelle ist ein Brückenschlag zu meinen Eingangsbemerkungen angebracht: Wettbewerbe. Anonyme Wettwerbe. Das heute so viel geschmähte Café Winkler verdankt sich einem solchen Verfahren. Es wurde seinerzeit von jungen Architekten gewonnen, der erste und der zweite Preis wurden zusammengespannt, was dabei herauskam, das sieht man.

Auch aus dem jetzigen anonymen Wettbewerbsverfahren sind Sieger hervorgegangen, die niemand kennt; die noch nie gebaut haben. Man muß es ihnen gönnen. Es gibt keinen Grund, sie zu beflegeln. Aber auf das Urteil der Jury fällt doch ein Schatten: Gut, die Münchner haben einen niedrigen Bau vorgeschlagen, eine Terrasse zur Stadt, ein Panoramafenster, eine Steinfassade; ihre Haupterschließung des Gebäudes schraubt sich schneckenartig, serpentinenartig in die Höhe, zum Licht. Die Ausstellungsräume sind ruhig, zurückhaltend, aber sicher geeignet für die adäquate Präsentation auch konventioneller Kunst. All das tut keinem weh.

Die Fassadenlösung der Münchner hat trotzdem niemand gelobt. Und bei genauer Analyse kommt man nicht umhin, sogar funktionelle Mängel zu konstatieren. Denn um vom Museum ins Restaurant zu kommen, muß man das Gebäude verlassen. Das ist schon recht merkwürdig. Und die Schauräume des Museums und die temporären Ausstellungen sind nicht praktikabel getrennt. Und diese Argumentation ließe sich fortsetzen.

Nein, ein massiver Protest gegen den Salzburger Jury-Entscheid ist nicht angebracht. Nur der Hinweis, daß zum Beispiel gerade das, was am Projekt des Zweitgereihten, Ortner & Ortner, beanstandet wurde, eine konkrete Aussage über die Fassade, im Siegerprojekt nicht standhält. Denn Niederfluh oder Untersberger Marmor - das wird, das darf es ja wohl nicht sein? Oder ist wirklich keiner der Salzburger Juroren je am Bodenseeufer gestanden und hat die Delikatesse der Zumthor-Fassade bewundert?

Tatsächlich enthält das Ortner-Projekt keine lesbare Aussage über die Fassade. Andererseits: Funktionell ist es dem Siegerprojekt bei weitem überlegen. Bleibt die Frage: Wenn die Fassade überarbeitet werden muß, wenn auch die Erschließung überarbeitet werden muß und wenn - ganz unpragmatisch gesehen - auch die Inspiriertheit des Projekts im luftleeren Raum hängenbleibt, was von diesem Projekt hält sich dann überhaupt noch?

Die Antwort: der offene, anonyme, einstufige, baukünstlerische Wettbewerb. - Was aber, wenn das in diesem sehr speziellen und wohl auch für Österreich bedeutenden Fall das falsche Verfahren gewesen ist? Da sind wir wieder bei der Zwangslage, und um die kommen wir hierzulande bei den wirklich entscheidenden Bauvorhaben offenbar nicht herum.