Akteur

Roland Rainer
* 1910 Klagenfurt 2004 Wien

Advokat einer humanistischen Moderne

Architekt Roland Rainer im 94.Lebensjahr verstorben

11. April 2004
Der Architekt Roland Rainer ist am Samstag kurz vor Vollendung seines 94. Lebensjahres in Wien gestorben. Eine entsprechende Mitteilung der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Wien Simmering bestätigte die Familie des Verstorbenen.

Rainer galt als Advokat einer humanistischen Moderne, dessen Planungen stets Hand in Hand mit gesellschaftlichen Analysen gingen.


„Nach den Aufgaben fragen“

„Der Architekt darf nicht damit anfangen, Kunst zu wollen, sondern er muss nach den Aufgaben fragen, die zu lösen sind“, formulierte Roland Rainer sein Credo.

Und: „Ich will nichts Neues, sondern das Richtige. Das Neue wird morgen sowieso schon alt sein - unsere Häuser aber halten unter Umständen bis übermorgen.“


Von der Stadthalle bis zur Gartenstadt

In über 50 Jahren bewältigte er Bauaufgaben verschiedenster Art und Größe: Bürogebäude, Schulen, Kindergärten, Bäder, Kirchen, Mehrzweckhallen, Fabriksgebäude, Hotels, Wohn- und Siedlungsbauten. Zu seinen Hauptwerken zählen die Wiener Stadthalle und das ORF-Zentrum auf dem Küniglberg.

Mit der Gartenstadt Puchenau realisierte Rainer modellhaft seine Idee eines humanen Wohnens im verdichteten Flachbau, die Erkenntnisse vorindustriellen Bauens mit zeitgenössischem ökologischen Bewusstsein verbindet.

Seit Jahrzehnten äußerte er sich gegen das Hochhaus als Wohnort, der zur Folge habe, dass die Bewohner am Wochenende in die Zweitwohnungen auf dem Land flüchten.


Professor für Hochbau

Geboren wurde Rainer am 1. Mai 1910 in Klagenfurt. Nach dem Studium an der Technischen Hochschule Wien, wo er über die Gestaltung des Wiener Karlsplatzes dissertierte, wurde er Mitarbeiter der Deutschen Akademie für Städtebau in Berlin.

1945 übersiedelte Rainer zurück nach Österreich, 1953 folgte er einem Ruf an die Technische Hochschule Hannover. Weitere Stationen waren eine Professur für Hochbau und Entwerfen an der Technischen Hochschule Graz und bis 1980 die Leitung einer Meisterklasse für Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Von 1958 bis 1963 war Rainer Stadtplaner der Bundeshauptstadt.


Architekt und Autor

1947 veröffentlichte Rainer sein erstes Buch über „Die Behausungsfrage“, dem ein Jahr später die „Städtbauliche Prosa - praktische Grundlagen für den Aufbau der Städte“ folgte. In einer Zeit allgemeiner geistiger Ratlosigkeit knüpfte Rainer in diesen wegweisenden Schriften an jene gestalterischen und sozialen Kräfte an, welche die ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts entscheidend geformt hatten.

Beide Bücher befassen sich mit Fragen des Wohnungswesens und Städtebaus in historischen, wirtschaftlichen, räumlichen, gestalterischen, biologischen und technischen Zusammenhängen.


Zahlreiche Publikationen

Weitere Publikationen sind u.a. „Lebensgerechte Außenräume“ (1972), „Die Welt als Garten: China“ (1976), „Anonymes Bauen im Iran“ (1977), „Wienerwald in Gefahr“ (1986), „Dekorationen ersetzen Konzepte nicht“ (1990) und „Vitale Urbanität“ (1995).

Zuletzt erschien heuer der Sammelband „An den Rand geschrieben. Wohnkultur - Stadtkultur“. Rainers Konzepte wurden außerdem in zahlreichen Ausstellungen präsentiert, so 1995 im Museum für angewandte Kunst Wien (MAK) und 1997 im MAK-Center Los Angeles.


Hohe Auszeichnungen

Rainers Arbeit ist im In- und Ausland durch Preise, darunter den Großen Österreichischen Staatspreis für Architektur und den deutschen Fritz-Schumacher-Preis, durch Ehrenzeichen und Ehrenmitgliedschaften (so die des American Institute of Architecture, des Bundes Deutscher Architekten und der Akademie der bildenden Künste in Wien) gewürdigt worden.

Der Wiener Gemeinderat ehrte ihn mit der Ernennung zum Bürger der Stadt Wien. Von 1980 bis 1999 war Rainer außerdem Präsident - dann Ehrenpräsident - des österreichischen Kunstsenates. Von 1980 bis 1986 war er Vorsitzender des Denkmalbeirates beim Bundesdenkmalamts.

Unbestreitbar hat Roland Rainer - wie der Schriftsteller und Architekt Friedrich Achleitner schon 1965 feststellte - den größten Beitrag zum Wandel auf dem Gebiet des Bauens und der Architektur im Österreich der Zweiten Republik geleistet.

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