Award

ZV-Bauherrenpreis 2002
Bauherrenpreis - ZV der ArchitektInnen Österreichs - Wien (A)
Jury: Paola Maranta, Evelyn Rudnicki, Markus Gohm, Andrej Hrausky
Preisverleihung: 22. November 2002

Ohne Wille keine Vorstellung

Die Bauherren-Preise werden jünger, fescher, interessanter. Und es wird immer schwieriger, sie zu vergeben, weil gute Architektur trotz allem Hochkonjunktur hat.

23. November 2002 - Ute Woltron
Das ALBUM pflegt an dieser Stelle seine Leserinnen und Leser mit einem Wechselbad der Gefühle zu überschütten. Einerseits berichten wir, wie unendlich schwierig und mühsam es für alle Architekten ist - junge und erfahrenere gleichermaßen -, gute Architektur in Form von Modellen durch Investorentüren zu balancieren, Pläne unbeschadet durch die Chefetagen von Bankhäusern und Baubeamtenburgen zu schleusen, um schließlich ein gelungenes Bauwerk auf Wiesen und in Baulücken stellen zu können.

Andererseits dürfen wir, was tatsächlich Wohlgebautes anbelangt, aus einem immer volleren Reservoir schöpfen: Es gibt, landauf, landab, immer mehr gute Häuser, und zu verdanken ist das den wichtigsten Verbündeten der kreativen Bauszene überhaupt, den engagierten Bauherrinnen und Bauherren da draußen.

Alljährlich vergibt denn auch die Zentralvereinigung der Architekten Österreichs die Bauherren-Preise an ihre wackersten Mitstreiter. Denn ohne Wille bleibt die Welt ohne Vorstellung dessen, was Kombinationen aus Bindemitteln und Zuschlägen, Hölzern, Metallen und Gläsern außer mediokren Bunkern und Menschenabstelllagern auch noch sein können, nämlich erfreuliche Kompositionen, Wohlklänge aus Formen, Gestalten und Funktionen, also: Architektur.

Die diesjährige Jury des Preises setzte sich aus Paola Maranta (Basel), Evelyn Rudnicki (Wien), Markus Gohm (Feldkirch), André Hrausky (Ljubljana) sowie Florian Nagler (München) bunt international zusammen. Man teilte sich die 105 eingereichten Projekte auf, beschritt sie, begutachtete noch einmal detailliert und fasste in einer Jurysitzung den Beschluss, dass sechs Preise ohne Reihung und ohne Kategorie zu vergeben seien.

Es wären dies Fred Loimer, der sich vom jungen Wiener Architekten Andreas Burghardt ein formidables Weingut in Langenlois bauen ließ, das Amt der Landesregierung Bregenz, das den Auch-auf-dem-Land-gut-bauen-Pionier Roland Gnaiger gemeinsam mit Gerhard Gruber mit der Planung des Kinderhauses „In der Braike“, Bregenz, beauftragte, des Weiteren die Kallco Projekt Bauträger Ges.m.b.H., die das dynamische Wiener Duo Roman Delugan und Elke Meissl mit der Errichtung eines Wohn-und Bürohauses in der Wiener Wimbergergasse beauftragte, die Bundes Immobilien Gesellschaft, die den Tiroler/Wiener Baukünstlern Dieter Henke und Marta Schreieck den Neubau eines Gymnasiums in der Wiener Heustadelgasse anvertraute, die Firma Trevision, die sich von den ebenfalls aus Wien stammenden Raschnachwüchslern „Querkraft“ ein neues Büro- und Produktionshaus auf die grüne Wiese vor Großhöflein stellen ließ, sowie die Gemeinde mit dem schönen Namen Zwischenwasser, die von Marte.Marte, Architekten aus Weiler, einen neuen Friedhof samt Totenkapelle bekam.

Starten wir unseren virtuellen Architekturrundgang mit dem zuletzt genannten Projekt: Kirchen und Kapellen waren seit jeher eine knifflige, sehr schwierige Aufgabe für Planer, und wenn zusätzlich noch Bedacht auf eine schon bestehende Kirche zu nehmen ist, die ausgerechnet vom alten Clemens Holzmeister stammt, ist Fingerspitzengefühl angesagt. Bernhard und Stefan Marte gewannen den entsprechenden Wettbewerb mit einem außergewöhnlichen Projekt, das zum einen sehr streng konzipiert, zum anderen fast spielerisch auszuführen war. Denn das Material, aus dem die beiden Architekten ihren Erweiterungsbau gemacht sehen wollten, war Stampflehm. Die Jury hob hervor: „Dies stellte für die Bauherrenschaft eine große Herausforderung dar. Noch nie war ein Projekt dieser Art in Stampflehm errichtet worden, und die Realisierung war nur mit einem großen Anteil an Eigenleistung der Bevölkerung möglich.“ Das Endresultat beeindruckt durch eine gewisse Archaik, eine strenge, unfrömmlerische Spiritualität, die diese schönen Räume ausstrahlen.

Die Kollegen von Querkraft fanden in ihrem Auftraggeber, dem Großbilddrucker Trevision, ebenfalls einen fruchtbaren Partner. Sie planten für ein großes leeres Grundstück neben der Autobahn eine geräumige Betriebsansiedlung in Form einer langgestreckten Halle, die teils zweigeschoßig und zuoberst mit Büros befüllt ist. Das Kernprodukt der Trevision - großformatige bedruckte Folien - fand an den Fassadenlängsseiten gleich als Werbeträger für das Unternehmen Verwendung. „Mit einfachen architektonischen Mitteln“, so urteilte die Jury, „wurden der interne Produktionsablauf optimiert, die Hallenkubatur ökonomisch genutzt und für die Mitarbeiter vielfältige Ein-, Durch-und Ausblicke geschaffen.“

Auch die Bundes Immobilien Gesellschaft BIG erwies sich für Dieter Henke und Marta Schreieck als erfahrener Bauherr, der die Qualitäten der Planungen nicht mit unnötigen Auflagen beschnitt. Die AHS in der Heustadelgasse glänzt trotz ihrer Größe durch Luftigkeit und Leichtigkeit, sie gönnt ihren Schülern vernünftige Erschließungswege und viel Licht durch großzügigste Verglasungen. Die städtebauliche Einbettung in ein heikles, kleinteiliges Vorstadtgebiet erfolgte ebenfalls mit Eleganz: Hier klotzt nichts, hier strukturiert der Bau den Raum. Die Jury befand: „Der Bauherr hat mit diesem engagierten Projekt ein hervorragendes Statement zum heutigen Schulbau abgegeben.“

Ebenfalls in Wien ist das neue Wohn- und Bürohaus der Kallco zu besichtigen. Roman Delugan und Elke Meissl haben unter der Beauftragung des offenbar verständnisreichen Winfried Kallinger ihre räumlichen Talente, gemischt mit einem witzigen Materialverständnis und einem Einfühlungsvermögen für alte Bausubstanz, gekonnt auf die Reihe gebracht. Von vorn betrachtet schaut das Haus fast streng und geschäftsmäßig aus, nach innen öffnet es sich zu freundlichen Höfen und in genau jene Kleinteiligkeit, die allzu leicht ins Süßliche übergeht, was hier allerdings vermieden wurde. Das fand auch die Jury: „Überraschend ist die Symbiose pragmatischer Strenge mit der bewegten spielerischen Poesie der Hofbebauung.“

Am anderen Ende Österreichs, in Bregenz, liegt, so die Jury, das vom Amt der Landeshauptstadt in Auftrag gegebene Kinderhaus „In der Braike“ „wie eine Oase inmitten der umgebenden Bebauung“. Auch Roland Gnaiger und Gerhard Gruber verstehen sich ausgezeichnet auf das Spiel von Außen- und Innenzonen, ihr Kinderhaus lässt es an Gemütlichkeit nicht entbehren, ohne je dabei kitschig zu wirken. Schwierige Gratwanderungen werden da beschritten, mit viel Holz und kindgemäßem Design.

Zu guter Letzt steht Fred Loimers Weingut in Langenlois zur Besprechung, das ebenfalls ganz weit entfernt ist von jeglicher Verkitschung, diesmal der weinseligen Art. Ganz im Gegenteil: Eine kühle, räumlich ganz interessante und mit enormen Schaufenstern ausgestattete Angelegenheit lädt hier zur Verkostung der guten Tröpferln ein. Besonders tunlich war der Umgang des Wiener Architekten Andreas Burghardt mit dem Umraum. Zitat der Jury: „Ein Gebäude ist entstanden, das sich trotz oder vielleicht wegen seiner formalen Konsequenz behutsam in die Umgebung einfügt, dessen Struktur und Konstruktion auf das absolut Notwendige beschränkt sind, das jedoch gerade wegen dieser Beschränkung seine räumliche Wirkung voll entfalten kann.“

Die Bauherren-Preise wurden gestern in Dornbirn vergeben, die Ausstellung ist ab heute bis 22. Dezember im Vorarlberger Architekturinstitut zu sehen und wird in der Folge nach Klagenfurt, Wien und Graz wandern. Wer nicht vorbeischauen kann, dem sei der Internetlink www.zv-architekten.at empfohlen.

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