Veranstaltung

Architekturtage 2004
Veranstaltung
4. Juni 2004 bis 5. Juni 2004
in ganz Österreich

Veranstalter:in: Bundeskammer der Architekten und Ingenieurskonsulenten, Architekturstiftung Österreich, Verein Architekturtage

Eine Architekturschule des Sehens

Architektur lebt vom Vergleich. Die Architekturtage bieten die Möglichkeit, in kurzer Zeit viel anzuschauen, auf Touren zu gehen, Ateliers zu besuchen. Jeder ist in Architektur- fragen Experte, nur merkt man das erst, wenn die gewohnte Umgebung verlassen wird.

27. Mai 2004 - Oliver Elser
Tage der offenen Tür gibt es viele, und meistens haben sie einen wohl kalkulierten Zweck. Da werden Schüler oder Studenten umworben, Betriebe stellen sich vor und hoffen auf qualifiziertes Personal, oder Museen senken die Eintrittsschwelle und würden sich freuen, wenn man bald wieder kommt.

Immer geht es darum, Kontakt herzustellen, Bindungen aufzubauen. Aber die Architekturtage? Viele Bauten, die diesmal dabei sind, werden vielleicht nur ein einziges Mal, am 4. und 5. Juni, ihre Portale öffnen. Für die wenigsten Architekten, die an diesem Tag in ihre Ateliers einladen, dürfte die Hoffnung, dabei auf einen zukünftigen Bauherren zu stoßen, die Motivation sein.

Der Sinn der Architekturtage ist daher viel weniger einfach zu erfassen als bei anderen Tagen der offenen Tür. Man sucht ihn am besten zwischen den Stühlen, da, wo auch die Architekten sitzen.

Architektur ist einerseits eine Form der Dienstleistung. Aber ganz im Gegensatz zu vielen anderen Dienstleistungen wird die Architektur vor aller Augen vollzogen, hochgezogen, gebaut. Niemand kann einem vorschreiben, ob man sein Konto bei dieser oder jener Bank eröffnet, und auch nicht, welche Schuhe man zu kaufen hat. Geht es aber um Architektur, verlässt man die Privatsphäre und tritt unter die Augen der Öffentlichkeit.

Für viele Architekten, die sonst vielleicht eher Künstler oder „richtige“ Ingenieure geworden wären, besteht darin der Reiz ihres Berufes. Mit ihren Werken setzen sie ein winziges Steinchen in die äußere Welt, und dieser Baustein hat Bestand. Niemand baut nur für seinen Bauherren, es sei denn, das Haus entstünde auf einer einsamen Insel. Da dies selten der Fall ist, wird das Gebäude einiges durchzustehen haben. Fremde Augen werden sich darauf richten und darüber befinden, ob der Entwurf in die Welt gesetzt werden darf.

Wenn es um Architektur geht, fühlt sich jeder als Experte. Zu Recht und zu Unrecht. Die eigenen Erfahrungen beim Wohnen oder am Arbeitsplatz, als Stadtbenutzer oder Landbewohner sind wertvoll, aber warum sollte es nicht ganz anders aussehen?

Indem die Architekturtage meist neue, erst in den letzten Jahren fertig gestellte Bauten zeigen, bieten sie dem Publikum die Möglichkeit, die Welt durch andere Fenster zu betrachten.
Wobei ja Neues nicht automatisch besser ist. Aber Entscheidungskriterien zum Alltagsthema Architektur zu finden setzt voraus, sich auf andere Positionen einzulassen, zu vergleichen, kurz: sehr viel Erfahrungen zu sammeln.

Eindrücke sammeln

Die Architekturtage sind die ideale Möglichkeit, den Horizont zu erweitern, vielleicht Neues in der gewohnten Umgebung zu entdecken, mit Architekten und Nutzern zu diskutieren.

Wenn es um Architektur geht, ist jeder Experte. Aber das Wissen, das jeder besitzt, lässt sich nur in der Konfrontation mit anderen Positionen anwenden. Die Gelegenheit dazu sollte man sich nicht entgehen lassen.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools: