Bauwerk

Urban Entertainment Center
O&O Baukunst, HNP architects ZT GmbH, Lintl & Lintl - Wien (A) - 2006

Wenn die Rendite baut, baut sie hoch

Streitfall Wien-Mitte

Die Debatte um Hochhäuser in Wien erreicht mit dem Projekt Wien-Mitte einen neuen Höhepunkt. Während die Investoren alle Rahmenbedingungen erfüllt sehen, werfen Projektgegner der Stadtplanung Schlamperei vor.

1. März 2002 - Ute Woltron
Während die Planungen eines Urban Entertainment Centers (UEC) in Wien-Mitte so gut wie fertig gestellt und der Baubeginn mit Ende des Jahres terminisiert ist, erreicht der Wirbel um die hohen Häuser am Anfang der Landstraßer Hauptstraße einen Höhepunkt. Entstehen soll dort ein neues Zentrum mit gemischter Nutzung, das an drei Punkten in 87 respektive 97 Meter Höhe emporwachsen wird. Widerstand kommt von Stadtopposition und Bürgerinitiativen. Dass die Innenstadt gerade von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt wurde und sich der Bauplatz in der Schutzzone befindet, sorgt für zusätzlichen Zündstoff.

Warum die Investoren (B.A.I. und IFP) ihre Häuser hoch bauen wollen, erschließt sich durch eine kurze Schlussrechnung: Bei 80.000 m² Nutzfläche und durchschnittlichen 1800 Euro Quadratmeterherstellungskosten ergibt sich eine Bausumme von rund 144 Millionen EURO, das gesamte Projekt wird mit 300 Millionen EURO beziffert, bei der Differenz kann es sich in logischer Folge nur um die Grundkosten handeln. Dieser appetitliche Happen dürfte mittels eines Superedifikats (im Eisenbahnbuch eingetragener Dienstbarkeitsvertrag) in den ÖBB-Säckel gewandert sein, denen das Grundstück gehört.

Will man eine entsprechende Rendite des eingesetzten Kapitals sehen, muss das Grundstück voll ausgeschöpft werden. Roman Rusy, Sprecher der Bauherrin Wien-Mitte Bauprojektmanagement GesmbH will sich dazu nicht äußern, betont aber den für Investoren besonders attraktiven Standort: Schließlich sei Wien-Mitte mit 110.000 Umsteigern der wichtigste heimische Verkehrsknotenpunkt, dieses Publikum wolle man mit dem Shopping-und-Freizeit-Projekt samt Büro-und ausgesuchter Wohnnutzung über den Dächern der Altstadt ansprechen. Außerdem seien die Flächenwidmungspläne genehmigt, der Sanktus der Stadtplaner also längst erteilt.


Schlampig vorbereitet

Projektgegner wie Christoph Chorherr von den Grünen werfen der Stadtplanung „schlampige Vorbereitung“ vor. Chorherr: „Hier rächt es sich, wenn man nicht sorgfältig feststellt, wie viel Dichte ein Standort verträgt.“ Ältere Projekte wie etwa Roland Rainers Studie aus den frühen 80er-Jahren hätten sehr wohl vorgezeigt, dass man „zwar dicht, aber standortverträglich“ bauen könne. Auch TU-Verkehrsplaner Hermann Knoflacher kritisiert das Investorendenken: „Man soll das Geschäft machen, dabei aber längerfristig die Stadtstruktur berücksichtigen.“

Die Projektgenese selbst war langwierig, die nun planende Architekten-Arbeitsgemeinschaft (Neumann & Steiner, Lintl & Lintl, Ortner & Ortner) entstammt einem Architekturwettbewerb aus dem Jahr 1990. Heinz Neumann, Arge-Sprecher, versteht den Aufruhr nicht: „Das Projekt ist längst geplant, wir haben alle Auflagen erfüllt, die Debatte ist kontraproduktiv.“

Zur Architektur des UIC selbst ist zu sagen, dass sie sehr schlicht daherkommt und schon ein wenig an die Berliner Investorenprojekte gemahnt, die der deutschen Hauptstadt keinen Rang in der jüngeren Architekturgeschichte sichern werden.

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