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Presseschau

5. Juni 2003 Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Zweimal grünes Licht in Salzburg

Umbau des Festspielhauses grundsätzlich genehmigt

Die jüngste Sitzung des Salzburger Festspielkuratoriums endete mit zwei wichtigen Ergebnissen: Grünes Licht gab es für die Bestellung Martin Kušejs zum Nachfolger Jürgen Flimms (NZZ 2. 6. 03). Und grünes Licht gab es auch für den Umbau des Kleinen Festspielhauses, insofern, als dem Direktorium die grundsätzliche Bewilligung für den Bau und die Einholung konkreter Offerten gegeben wurde. Allerdings muss diese Entscheidung bei einer ausserordentlichen Sitzung am 28. Juli nach Sichtung der Angebote der mit dem Bau zu beauftragenden Firmen noch einmal endgültig bestätigt werden.

Die Kosten für das nach langen Diskussionen und Querelen angenommene Projekt der österreichisch-luxemburgischen Architektengemeinschaft Holzbauer/Valentiny waren von der Wirtschaftsprüfungsfirma Diederichs und Partner ursprünglich mit 37 Millionen Euro taxiert worden. Es wurde in der Zwischenzeit entscheidend modifiziert, neuerlich einer Bewertung unterzogen und als im Kostenrahmen bleibend, «aber hart am Limit liegend» (Bürgermeister Schaden) bezeichnet. (So sickerte durch, dass die «Reserve für Unvorhergesehenes», die in der Regel 15 Prozent der Bausumme beträgt, auf 5 Prozent gekürzt wurde und dass die Kürzungen auch zulasten der technischen und der Bühnenausstattung gehen werden.) Das Kuratorium hat eine permanente begleitende Kostenkontrolle vorgeschrieben und sich die letzte Entscheidung für den Juli vorbehalten. Die verbleibende Finanzierungslücke von 4 Millionen Euro, die wegen der aller Wahrscheinlichkeit nach nicht eintreffenden Gelder Alberto Vilars offen bleiben wird, muss vermutlich durch Kreditaufnahmen gedeckt werden. Sollte es dem Direktorium jedoch gelingen, über diesen Betrag hinaus weitere Sponsoren für den Umbau zu finden, werde man ihm, versicherte Schaden, bei der Realisierung der nun gestrichenen Ausstattungs-Sonderwünsche nicht in den Arm fallen.

Ausdrücklich betonte der Bürgermeister, dass es trotz den Einsparungen keine Abstriche bei der Qualität der verwendeten Materialien geben werde. «Wenn man mit wenig Geld bauen muss», kommentierte Landeshauptmann Franz Schausberger die Entscheidung, «dann sind Kompromisse unvermeidlich.» So seien die VIP-Lounge und viele Extras gestrichen worden. Die Fassade wird nun aus Kostengründen doch ganz abgerissen und neu wieder aufgebaut; statt der geplanten zwei Eingänge wird es nur einen geben, und eine ganze Reihe von architektonischen Eingriffen in die Fassade - wie der grosse Balkon - wurde entschärft. Damit wurde auch den Wünschen der für das Aussehen der Altstadt zuständigen «Sachverständigen-Kommission» der Stadt Salzburg Rechnung getragen, die in solchen Fragen ein Einspruchsrecht besitzt und Änderungen am ursprünglich vorgelegten Plan von Holzbauer/ Valentiny verlangt hatte.

Während sich das Direktorium mit der Entscheidung des Kuratoriums für das Umbauprojekt höchst zufrieden zeigte, hält sich die Begeisterung bei Bürgermeister Schaden und der «Sachverständigen-Kommission» in Grenzen. Kritisiert wird darüber hinaus, dass die technische Ausstattung des Hauses nach dem Umbau nicht besser sein wird als jetzt. Optimistisch geben sich die Verantwortlichen, dass der Umbau fristgerecht zum Mozart-Jahr fertiggestellt sein wird. Ebenso rechnet man mit der Zustimmung des österreichischen Bundesdenkmalamtes zur neuen Fassadenlösung. Die Behörde wäre die einzige Instanz, die das Projekt noch zu Fall bringen könnte, von dem viele meinen, es wäre besser gewesen, es nach all den Pannen und Verzögerungen bei der Vergabe ohne Rücksichtnahme auf das Jahr 2006 neu auszuschreiben.

11. April 2003 Thomas Neuhold
Der Standard

Kleines Festspielhaus: Kostenexplosion droht

29 Millionen Euro sind nicht genug

Die offiziell veranschlagten 29 Millionen Euro für den Um- beziehungsweise Neubau des Kleinen Festspielhauses werden nie und nimmer reichen. Nach einer am Donnerstag vom Salzburger Planungsstadtrat Johann Padutsch (Bürgerliste) präsentierten Expertise des Münchner Consultingbüros „Diederichs & Partner“ dürften die Errichtungskosten netto auf mindestens 37 Millionen Euro kommen. Dazu komme noch, dass von den festgelegten 29 Millionen vier Millionen Euro noch nicht finanziert seien.

Rechnet man weitere technische Verbesserungen hinzu, gehen die Experten von einem Kostenrahmen jenseits der 42 Millionen Euro aus. Dass beim Ausrüstungsstandard nachgebessert werden müsse, ist für die Beratungsfirma klar: Die aktuellen Planungen würden Technik und Ausstattung des Hauses „eher am unteren Level“ ansiedeln.

Neben der abzusehenden Kostenüberschreitung bemängeln Padutsch und der Klubobmann der Bürgerliste im Gemeinderat, Helmut Hüttinger, aber auch die schlechte Akustik und die schlechte Sicht von den Sitzplätzen auf die Bühne. Die Sichtverhältnisse würden jedenfalls nicht besser sein, als beim alten Holzmeisterbau. Zur Kritik am architektonischen Konzept - „das Schlechteste, was ich je gesehen habe“ (Architekt Klaus Kada) - kommt auch noch die Angst vor einer Bauverzögerung. Der Terminplan sei jedenfalls so eng, dass bei den geringsten Verzögerungen das neue „Haus für Mozart“ im Mozartjahr 2006 nicht bespielbar wäre. Auch die Felsenreitschule stünde dann nicht zur Verfügung.

Die Bürgerliste fordert daher einen sofortigen Planungsstopp samt Neuausschreibung. Baubeginn wäre dann erst nach 2006. Ähnlich hat sich auch schon FP-Stadtvize Siegfried Mitterdorfer geäußert. SP-Bürgermeister Heinz Schaden selbst - er vertritt die Stadt Salzburg im Festspielkuratorium - ließ bereits ebenfalls deutliche Distanz zu den Plänen von Holzbauer/Valentiny erkennen. Ob er mit seinem Veto im Kuratorium das Projekt zu Fall bringen werde, war aber am Donnerstag noch nicht entschieden.

Unabhängig davon sieht Padutsch allerdings eine andere Variante, das „völlige Desaster und die größtmögliche Blamage“ im Zentrum von Salzburg rechtlich zu verhindern. Den Betreibern fehle nämlich die notwendige Bauplatzerklärung. Diese sei notwendig, da es sich um keinen Umbau, sondern um einen kompletten Neubau handle. Zudem fehle bis heute die Zustimmung der Altstadtkommission. Und weiter: Da Holzbauer/Valentiny für ihr Vorhaben insgesamt 600 Quadratmeter zusätzlichen Grund für das in den Max-Reinhardt-Platz hineinragende Foyer benötigen würden, müsse dafür noch die Zustimmung des Eigentümers eingeholt werden. Dies ist die Landeshauptstadt Salzburg.

1. April 2003 Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Salzburger Umbau-Probleme

Verzögerungen im Projekt des Kleinen Festspielhauses

Der Umbau des Salzburger Kleinen Festspielhauses zu einem «Haus für Mozart» sorgt seit eineinhalb Jahren für Diskussionen. Unruhe erzeugten zunächst die allgemeine Verzögerung bei der Entscheidung für ein Architektenteam und der Vergabemodus des Auftrages selbst (vgl. NZZ vom 27. 9. 02). Nun kündigt das Festspieldirektorium an, das Kleine Festspielhaus - entgegen den ursprünglichen Verlautbarungen - im Jahr 2005 gar nicht bespielen zu können. Zugleich zeichnet sich ab, dass das finanzielle Korsett für den Umbau äusserst eng geschnürt ist und dass der Umbau ziemlich sicher grössere Eingriffe in die Fassade und das Innere des Festspielhauses mit sich bringen wird als noch vor wenigen Monaten konzediert. Dazu hat sich in den letzten Tagen auch der sogenannte Gestaltungsbeirat unter der Führung des Grazer Architekten Klaus Kada mit drastischer Kritik geäussert.

Der Auftrag wurde letzten Herbst im Zuge eines Verhandlungsverfahrens an das Architektenteam Holzbauer/Valentiny vergeben. Das Spezifische an diesem Verfahren liegt darin, dass - im Gegensatz zu einem Wettbewerbsverfahren - das siegreiche Projekt im Grunde nicht mehr darstellt als den allgemeinen Nachweis, dass jemandem zuzutrauen sei, die in Frage stehende Aufgabe zu bewältigen. Nach den vorgelegten Plänen realisiert werden muss es deshalb noch lange nicht. Schon bei der Vorstellung des Modells im November 2002 deutete sich an, dass die Umbaupläne nur «vorläufige» waren. Nun hat man von Seiten des Festspieldirektoriums dafür den Ausdruck «work in progress» geprägt. Und bei diesem «progress» wird immer deutlicher, dass Wilhelm Holzbauer den Ballast der Argumente, mit denen er seine Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen versucht hat, über Bord zu werfen beginnt. Immer hatte er sich als Sachwalter des Erbes seines Lehrers Clemens Holzmeister dargestellt, der die Aussenfassade und die Trennwand zwischen Kleinem Festspielhaus und Felsenreitschule unangetastet liesse. Nun gilt beides nicht mehr. Holzbauer spricht offen davon, die Fassade «überarbeiten» zu wollen, weil sie der «Umbaubelastung» nicht standhalten werde. Der Vorsitzende des Festspielkuratoriums, der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden, meint gar, das Architektenteam habe nun «freie Hand, die Fassade des Festspielhauses abzureissen». Der Salzburger Architekt Rainer Kaschl verneint dies; die für Altstadtbelange zuständige Sachverständigenkommission, der er selbst angehört, habe Holzbauer «keinen Freibrief zum Abriss» gegeben.

Für die Kosten des Umbaus gibt es eine Obergrenze von 29 Millionen Euro. Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler bezeichnete dieses Limit als «niedrig»; dennoch werde man sich daran halten und im Haus selbst überprüfen, welche Wünsche zwar «grundsätzlich richtig, aber nicht vordringlich» seien. Kostenüberschreitungen seien aber nur bei den auf Grund verschärfter gesetzlicher Bestimmungen neu vorgeschriebenen Fluchtwegen zu erwarten. Bis zu einer Kuratoriumssitzung am 11. April muss das Direktorium nun einen Finanzplan für die Jahre 2004-06 vorlegen, der auch «etwaige aus dem Umbau resultierende Kosten durch alternative Spielstätten» berücksichtigen soll, erklärte Schaden. Für diese Mehrkosten werde es keine zusätzlichen Subventionen geben. Ausserdem müsse das Direktorium monatlich über die Einhaltung der Kosten- und Terminplanung berichten. Gelinge es nicht, den Kostenrahmen einzuhalten, müsse das Umbauprojekt «zurück an den Start» und auf die Zeit nach dem Mozartjahr 2006 verschoben werden. Im Mai ist eine weitere Sitzung angesetzt, bei der das Architektenteam schriftlich die Kosten (und die Termine) garantieren muss. Zugleich sammeln sich auf lokalpolitischer Ebene die Kritiker des Umbaus um den grünen Planungsstadtrat Padutsch und den FPÖ-Vizebürgermeister Mitterdorfer, die offen damit drohen, das Projekt mit rechtlichen Schritten zu Fall zu bringen bzw. den dazu benötigten öffentlichen Baugrund nicht herzugeben.

Der Umbau macht - entgegen den im Dezember abgegebenen Versicherungen - auch gravierende Änderungen in der Spielplangestaltung der Festspiele notwendig. Statt - wie geplant - das Kleine Festspielhaus bis 2006 mit kleinen Behinderungen zu bespielen, wird man 2005 in Ausweichquartiere umsiedeln müssen. In Rede stehen der seit Jahren aus finanziellen Gründen nicht mehr genutzte Residenzhof und die 4000 Personen fassende «Arena»-Halle auf dem Messegelände, die im Herbst 2003 eröffnet werden wird. Festspielleiter Ruzicka denkt daran, 2005 mit der «Zauberflöte» dorthin auszuweichen. Die im Kleinen Festspielhaus geplante Premiere von «Le Nozze di Figaro» wird auf 2006 verschoben. Die Aufführung sämtlicher 22 Bühnenwerke Mozarts im Jahr 2006 sei nicht gefährdet.

Der Hauptgrund für die Umbauverschiebungen liegt in der für 2004 geplanten Koproduktion von Korngolds «Toter Stadt» mit der Wiener Staatsoper. Dieser Kooperation, die eine intakte Technik im Kleinen Haus erfordert, kommt laut Rabl- Stadler höchste Priorität zu. Sie soll die Spannungen zwischen Wien und Salzburg in der Ära Mortier endgültig aus der Welt schaffen. Eine weitere Verschiebung hat dagegen andere als umbaubedingte Ursachen: Matthias Pintschers neue Oper, ein für 2005 vorgesehenes Projekt, wird nach Ruzickas Angaben auf einen «späteren Zeitpunkt» verschoben, weil der Komponist zuvor noch einen Auftrag für Paris fertigzustellen habe. Laut Pintscher erfolgte die Absage jedoch «schon vor Monaten» und «einseitig» wegen des finanziellen Risikos durch Salzburg. Hier scheinen sich - wie bei der Rückstufung von Opern auf konzertante Aufführungen im Jahr 2003 - monetäre Bremsspuren abzuzeichnen, die Ruzickas Fünf- Säulen-Festspiel-Dramaturgie einen Anflug von Fiktion verleihen könnten.

21. Dezember 2002 Norbert Mayr
Salzburger Nachrichten
21. November 2002 Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Mozart-Haus mit Stadtfenster

Neues zu den Salzburger Bauplänen

Die Spannungen und Unsicherheiten, die das Projekt eines Umbaus des Salzburger Kleinen Festspielhauses zu einem «Haus für Mozart» seit mehr als einem Jahr begleitet haben, waren auch bei der Präsentation des Siegermodells durch das Festspieldirektorium und die Architekten Wilhelm Holzbauer und François Valentiny greif- und sichtbar. Alle unterlegenen Architekten (unter ihnen das Zürcher Team Bétrix & Consolascio) hatten es im letzten Augenblick untersagt, ihre Pläne gemeinsam mit dem Siegermodell auszustellen. Man ist nun also in ästhetischen Fragen so klug wie zuvor, doch besteht, wie Eraldo Consolascio andeutete, die Absicht, die vier unterlegenen Projekte in einer gesonderten Ausstellung in Salzburg zu zeigen. Wie man hört, wurden bestimmte Einspruchsfristen nur knapp (um eine Stunde) versäumt, und das, obwohl die Eingaben, wie die betroffenen Architektenteams versichern, rechtzeitig beim Bundesvergabeamt in Wien abgegeben worden waren.

Alle offenen Rechtsfragen könnten jedoch, so versicherte Peter Ruzicka, der Intendant der Salzburger Festspiele, die Vergabe an das Siegerteam nicht mehr beeinflussen, sondern im schlimmsten Fall Schadenersatzforderungen nach sich ziehen. Man werde das umgebaute Haus pünktlich zur Premiere von Mozarts «Figaro» am 27. Juli 2005 eröffnen können. Baubeginn sei der September 2003. In einem ersten Schritt würden die Grundsicherung für die Unterfangung des Bühnenhauses und der Bau der Unterbühne vorgenommen; im zweiten Jahr (2004/05) würden Zuschauerraum und Foyer umgebaut werden. Beeinträchtigungen für das Publikum werde es nur im Bereich des Foyers geben. Die Finanzierung sei weitgehend gesichert. Die noch fehlenden Mittel sollen über eine Werbekampagne unter dem Motto «Jede Note zählt» aufgebracht werden.

Ruzicka wie die beiden Architekten betonten, dass die Zeitverzögerung von über einem Jahr letzten Endes produktiv gewesen sei. Das neue Projekt der Arbeitsgemeinschaft Holzbauer- Valentiny sei mehr als bloss die Summe jener zwei Projekte, die im ersten Anlauf eingereicht worden seien; es spiegle vielmehr «Aura und Geist des Ortes». Holzbauer begründete seine vor einem Jahr getätigten Einsprüche damit, dass es ihm darum gegangen sei, die von seinem Lehrer Clemens Holzmeister geschaffene «Einheit der Fassade» zu retten. Die Frage, ob diese «Einheit» nun gewahrt ist, könnte freilich für Diskussionen sorgen. Als eine optische Erweiterung des Karl- Böhm-Saales wird das neu geplante Foyer nach aussen hin die Fassade durch ein grosses, balkonbewehrtes Fenster aufbrechen. Im obersten Geschoss ist eine VIP-Lounge mit verglastem Dach vorgesehen. Auch das Aussehen des Daches wird durch eine Abwalmung beträchtlich verändert werden.

Der Opernsaal selbst wird um zehn Meter verkürzt und um einen Meter verbreitert; er erhält einen zweiten Rang, der - ebenso wie der Balkon - alle drei Saalwände umschliesst, wobei die seitlichen Galerien bis fast zur Bühne vorgezogen werden. Das Fassungsvermögen wird dadurch um 250 auf zirka 1600 Plätze erhöht. Der für die Akustik zuständige Experte des Teams, Karlheinz Müller, bezeichnete die Raumverhältnisse als «hoch, elegant und ideal für die Opern Mozarts und moderne Kammeropern».

Die Kosten des Umbaus werden mit 29 Millionen Euro angegeben. Das Projekt lässt allerdings noch einige Einzelheiten offen; die detaillierte Planung wird erst Ende 2002 abgeschlossen sein. Die Tatsache, dass man sich bei der Auftragsvergabe nicht an die Empfehlungen der Bewertungskommission hielt, wurde von Ruzicka damit begründet, dass es sich dabei um ein bloss beratendes Gremium gehandelt habe, an dessen Rat man nicht gebunden gewesen sei. Von der Existenz eines vom Direktorium eingeholten zusätzlichen (und letzten Endes ausschlaggebenden) Gutachtens des Landesbauamtes hatte das Schweizer Team Bétrix & Consolascio, das zuvor in der ersten Position gestanden hatte, freilich erst am Tag des Zuschlags an seine Konkurrenten erfahren. Und auch das nur, so Eraldo Consolascio, «über geheime Kanäle».

27. September 2002 Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Entscheidung vertagt

Offene Fragen um das Kleine Festspielhaus in Salzburg

Regelmässig zu Mozart-Jubiläen wird die Frage eines Umbaues des Kleinen Salzburger Festspielhauses virulent. Als Erster nahm Clemens Holzmeister 1926 an dem aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammenden, nur 19 Meter breiten, schachtelförmigen Raum Veränderungen vor. Mit Blick auf 1941 wurde 1937 erneut über den unbefriedigenden Saal diskutiert; man sprach von einer Drehung des Zuschauerraums um 180 Grad. Zur Realisierung des neuen Holzmeister-Planes kam es wegen des «Anschlusses» Österreichs nicht mehr. Mittlerweile steht - im Hinblick auf das Mozart-Jahr 2006 - ein weiterer Umbau an (NZZ vom 18. 2. 02 und 8. 5. 02).

Im Mittelpunkt der neuesten Diskussion steht der Holzmeister-Schüler Wilhelm Holzbauer, der 1986 einen ersten Entwurf vorlegte und 1998 von Gerard Mortier mit einer Machbarkeitsstudie für den Umbau beauftragt wurde, bei der er die Idee der Tieferlegung von Bühne und Zuschauerraum ins Zentrum rückte. Danach vergingen drei Jahre, in denen der Festspielfonds vergebens versuchte, Holzbauer direkt mit dem Umbau zu betrauen. Schliesslich erwies es sich als unumgänglich, das Projekt EU-weit auszuschreiben. Da die Zeit zu drängen begann, wurde im Frühjahr 2001 jedoch statt eines offenen Architekturwettbewerbs ein sogenanntes Verhandlungsverfahren ausgeschrieben, das die Zahl der Bewerber beschränkte.

Seither sind siebzehn wertvolle Monate verstrichen, ohne dass eine Entscheidung für das «Haus für Mozart» gefallen wäre. Und die Sitzung des Festspielkuratoriums vom 13. September, die eine endgültige Klärung hätte bringen sollen, hat die Frist für den Baubeginn um weitere vier Wochen verkürzt: Bis zum 10. Oktober soll das Direktorium wie mit einem Zauberschlag lösen, was in den letzten eineinhalb Jahren nicht gelungen ist, und alle noch offenen rechtlichen, akustischen und kaufmännischen Fragen klären.

Inzwischen mehren sich die Stimmen, die dafür plädieren, die Fixierung auf das Jahr 2006 aufzugeben und den Umbau ohne Zeitdruck völlig neu auszuschreiben. Die vom Festspielfonds als Bauträger im Sommer 2002 durchgeführte Neuausschreibung des Verhandlungsverfahrens, die den beteiligten Architekten die Möglichkeit einräumte, untereinander Planungsgemeinschaften einzugehen, endete damit, dass der Holzbauer- Schüler Franz Valentiny mit seinem Partner im letzten Augenblick aus der im ersten Verfahren siegreichen Planungsgemeinschaft Hermann/Valentiny/Wimmer/Zaic absprang und nunmehr als «Subunternehmer» Holzbauers fungiert. Die Salzburger Architekten Wimmer und Zaic wurden daraufhin aus formalen Gründen vom Verfahren ausgeschlossen; ihr Anwalt beantragte am 30. August eine gerichtliche einstweilige Verfügung gegen den Salzburger Festspielfonds. Eine Entscheidung über diesen Antrag soll in den nächsten Tagen fallen.

Das Schicksal des Ausschlusses droht auch dem Schweizer Architektenteam Bétrix/Consolascio, dessen Entwurf - wie inzwischen durchsickerte - von der Bewertungskommission am 28. August knapp vor jenem der Arbeitsgemeinschaft Holzbauer/Hermann & Valentiny an die erste Stelle gesetzt worden war. Dies war zwischen den Zeilen aus den Stellungnahmen der Festspielpräsidentin und des Salzburger Landeshauptmanns nach der Sitzung am 13. September herauszuhören, in denen angedeutet wurde, dass «ein Architektenteam» kein Theaterprojekt als Referenz vorweisen könne. Der Zuschlag würde dann wohl automatisch dem zweitplacierten Entwurf zufallen.

Eines wurde auf der letzten Pressekonferenz klar: Sowohl das Festspieldirektorium als auch Landeshauptmann Schausberger wollen - unter Hinweis auf den Stand der weit fortgeschrittenen künstlerischen Planung und auf die greifbare finanzielle Realisierung - unbedingt an einem Umbau bis spätestens 2006 festhalten, auch wenn von verschiedenen Seiten in Zweifel gezogen wird, dass das Projekt in der noch zur Verfügung stehenden Zeit ohne Schliessung des Kleinen Festspielhauses realisierbar sei. Auch hier ist man optimistisch, zumal als letzter Ausweg der für 2005 angekündigte «Figaro» auf die Mozart- Woche im Januar 2006 verschoben werden könnte.

Seit letztem Wochenende hat Helga Rabl-Stadler einen Vertrag mit einem neuen Sponsor, dem New Yorker Verleger Donald Kahn, einem langjährigen Mäzen der Salzburger Festspiele, in Händen, der einen Finanzierungsbeitrag von 4,36 Millionen Euro für den Umbau leistet. Das Geld ist zweckgebunden und muss zurückbezahlt werden, wenn das vorgesehene Umbauprojekt scheitert. Damit, erläutert Rabl-Stadler, sei nicht nur die Hälfte des noch fehlenden Geldes aufgebracht, sondern auch die wichtige Vorbedingung für die Einhaltung der Finanzierungszusage in derselben Höhe durch Alberto Vilar erfüllt. «Wenn am 10. Oktober alles klappt, kann ich am Tag darauf Vilar anrufen und auch den Vertrag mit ihm unter Dach und Fach bringen.» Insgesamt soll der Umbau des Kleinen Festspielhauses etwas mehr als 28,5 Millionen Euro kosten. Mehr als 8,7 Millionen Euro würden dann von den beiden amerikanischen Grosssponsoren aufgebracht. Sollte es am 10. Oktober im Festspielkuratorium zu keiner Einigung kommen, muss das Umbauprojekt als gescheitert betrachtet werden.

8. Mai 2002 Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Neue Prüfung

Verzögerung beim Umbau des Kleinen Festspielhauses in Salzburg?

In offiziellen Stellungnahmen gibt man sich im Salzburger Festspielbezirk gelassen; in informellen Gesprächen ist der besorgte Unterton nicht zu überhören. Dabei geht es weniger um die versprochenen und seit einiger Zeit gerüchteweise nur zögernd fliessenden Sponsor-Millionen Alberto Vilars, sondern vielmehr um ein Kapitel des österreichischen Rechtslebens, das eines kafkaesken Zuges nicht entbehrt. Vier Jahre ist es her, seit Gerard Mortier den österreichischen Architekten Wilhelm Holzbauer mit dem Umbau des ästhetisch wie akustisch als unbefriedigend empfundenen Kleinen Festspielhauses betraute, um daraus - mit Blickrichtung auf das Jubiläumsjahr 2006 - ein «Haus für Mozart» zu formen (vgl. NZZ 18. 2. 02). Im Frühjahr 2001 - Holzbauers Entwürfe waren längst fertig - musste das Projekt neu ausgeschrieben werden, da es nicht gelungen war, den Vergabemodus den EU-Normen anzupassen. Die Zeit drängte: Das Kleine Festspielhaus sollte bis 2006 bespielbar bleiben und 2005 im neuen Gewand mit Mozarts «Figaro» eröffnet werden. Also wurde ein abgekürztes Wettbewerbsverfahren ausgeschrieben, zu dem fünf ausgewählte Bewerber eingeladen wurden. Eine neunköpfige Jury kürte im September 2001 den Entwurf der luxemburgisch-salzburgischen Architektengruppe Hermann & Valentiny, Wimmer, Zaic zum Siegerprojekt. Holzbauer, ein Schüler Clemens Holzmeisters, wurde nur an zweiter Stelle placiert. Gegen diese Entscheidung legte Holzbauer beim Bundesvergabeamt Berufung ein.

Genau hier kommt das kafkaeske Element ins Spiel. Es ist gar nicht leicht, herauszufinden, was diese Institution genau macht und wer ihr angehört. Das Bundesvergabeamt ist ein aus drei Personen bestehendes, nicht weisungsgebundenes Gremium beim österreichischen Wirtschaftsministerium, das über die Einhaltung der Bundesvergabe-Ordnung wacht. Es tritt unter dem Vorsitz eines Juristen immer dann zusammen, wenn es um eine Entscheidung angerufen wird. Hat es seinen Spruch erst einmal gefällt, ist eine Berufung dagegen nur noch beim Bundesverfassungsgericht möglich. Die Bestimmungen der Bundesvergabe-Ordnung scheinen aber nicht so klar zu sein, wie man sich das vorstellt. Im Grunde weiss ein Auftraggeber immer erst im Nachhinein, ob er im Einklang mit allen Vorschriften gehandelt hat oder nicht. Im Fall des Festspielhaus-Umbaus entschied die Kommission zugunsten Holzbauers, mit der Begründung, es lägen grobe Verletzungen des Ausschreibungstextes durch die erstplacierte Planungsgemeinschaft Hermann & Valentiny vor. Der Entwurf verstosse zudem gegen die Vorschriften des Denkmalschutzes. Für diesen Spruch benötigte das Bundesvergabeamt fünf Monate. Mitte April gab es seine erste Erkenntnis heraus, erklärte die Zuschlagserteilung an Hermann & Valentiny, Wimmer, Zaic für nichtig und kündigte weitere Bescheide an. Am 15. Mai sollen die restlichen Fragen geklärt werden.

Die Reaktionen auf den Bescheid waren entsprechend unterschiedlich. Während Holzbauer sich in seiner Kritik bestätigt sah, denkt die unter der Führung des Holzbauer-Schülers Valentiny stehende Architektengruppe laut darüber nach, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Ausschluss Holzbauers aus dem Verhandlungsverfahren einzubringen. Das Festspielkuratorium beschloss auf einer Sondersitzung, alle fünf im Jahr 2001 eingereichten Projekte auf der Grundlage neuer Richtlinien der Salzburger Landesbaudirektion von der Jury neu prüfen zu lassen. Bei einer Kuratoriumssitzung am 22. Mai soll dann endgültig die Entscheidung darüber fallen, wer den Umbau durchführen wird.

«Wir wollen kein Risiko mehr eingehen», erklärt der Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger. Aus dem Festspielhaus verlautet dazu, wenn man am 22. Mai zu einer «hieb- und stichfesten Entscheidung» komme, bleibe man im Zeitplan. Sollte dies nicht der Fall sein, sei der in Aussicht genommene Termin für die Eröffnung im Jahr 2005 schwer einzuhalten. Das wiederum würde bedeuten, dass die gesamte Planung für 2006 ins Wanken komme. Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler sagte gegenüber der NZZ, man gehe bewusst auf den Stand vom 21. September 2001 zurück. «Ein unabhängiger Prüfer wird klären, wieweit die damals vorliegenden Angebote miteinander vergleichbar sind. Die verschiedenen Teams haben nämlich - unter Beiziehung von renommierten Akustikern - recht unterschiedliche Projekte eingereicht. » Ob der 22. Mai tatsächlich das Ende aller Querelen bringen wird, ist also ungewiss. Weitere Beschwerden und Klagen scheinen vorprogrammiert, auch wenn man sich auf politischer Ebene bemüht, durch informelle persönliche Gespräche eine einvernehmliche Lösung zustande zu bringen.

Der Umbau des Kleinen Festspielhauses soll etwas mehr als 28,5 Millionen Euro kosten. 4,4 Millionen wurden von Alberto Vilar zugesagt. Nach Auskunft von Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler ist das Finanzierungsversprechen zwar noch nicht vertraglich abgesichert, der Mäzen habe aber vor wenigen Tagen ausdrücklich bestätigt, dass er zu seiner Zusage stehe. Rabl-Stadler dementiert auch ausdrücklich Zeitungsmeldungen, Vilar sei den Salzburger Festspielen gegenüber mit für die Vergangenheit zugesagten Zahlungen - 1,45 Millionen Euro pro Jahr seit 1999 - im Rückstand.