Veranstaltung

Form & Energy. Architektur in_aus Österreich
Ausstellung
Form & Energy. Architektur in_aus Österreich © Stefan Zenzmaier
27. Mai 2010 bis 2. Juli 2010
Ausstellungszentrum im Ringturm
Schottenring 30
A-1010 Wien


Veranstalter:in: Vienna Insurance Group
Eröffnung: Mittwoch, 26. Mai 2010, 18:30 Uhr
Der sorgsame Umgang mit natürlichen Ressourcen steht weltweit im Zentrum umweltpolitischer Ziele und baulicher Entwicklungen. Unter diesen Aspekten sind in Österreich technisch und gestalterisch modellhafte Anlagen und Initiativen entstanden.

Mit dem im Jahr 2005 in Kraft getretenen Kyoto-Abkommen verpflichten sich die industrialisierten Vertragsstaaten bis zum Jahr 2012 ihre Treibhausemissionen um durchschnittlich 5,2 Prozent unter das Niveau des Jahres 1990 zu senken. Die enorme Zunahme von Kohlenstoffdioxid, Methan, Distickstoffoxid und anderen Gasen in der Atmosphäre ist wesentlich für die globale Erwärmung verantwortlich. Sie resultiert hauptsächlich aus dem Verbrennen fossiler Brennstoffe – aus dem Energieaufwand bzw. den Emissionen bei Errichtung und Betrieb der Gebäude und des Transportwesens, primär des Automobil- und Flugverkehrs.

Österreichs Treibhausgas-Emission beträgt 1,3 Prozent der in den USA und 5,8 Prozent der in Japan anfallenden Menge. Im Bruttoinlandsverbrauch von Energie entfallen in Österreich 43 Prozent auf Erdöl, 23 Prozent auf Gas, nur 22 Prozent auf erneuerbare Energien und rund 12 Prozent auf Kohle. Der Endenergieverbrauch betrifft hier zu 30 Prozent die Heizung/ Klimatisierung von Gebäuden, zu 32 Prozent den Sektor Transport/Verkehrsmittel. Es ist evident, dass die Entwicklung dieser Bereiche für die Zukunft, für die Erreichung der Kyoto-Ziele entscheidend ist.

Österreich – Vorreiter bei Passivhäusern

Unter solchen Aspekten sind in Österreich technisch und gestalterisch modellhafte Anlagen und Initiativen entstanden. Ausstellung und Katalog zeigen eine Auswahl einschlägiger Projekte aus dem letzten Jahrzehnt: umweltschonende Kraftwerke und Verkehrsbauten; erneuerbare Rohstoffe und moderne Klimatechnik im Wohn- und Siedlungsbau; nachhaltige Konzepte im Städtebau, in öffentlichen Gebäuden für Bildung, Kultur und Sport; innovative Baukunst für Handel und Industrie. Im Spektrum der rund 60 dargestellten und der weiteren erwähnten Beispiele überwiegt Architektur, deren Errichtung und Betrieb höchsten Anforderungen in ökologischer Hinsicht genügt. Mit über 2.000 ausgeführten Objekten im „Passivhausstandard“ hat Österreich derzeit weltweit die relativ höchste Rate vorzuweisen. Es sind aber auch solche Beispiele zu sehen, die in einem breiteren Kriterienrahmen zur Schonung von Umwelt und Ressourcen beitragen, speziell im Bereich der Verkehrssysteme und der stadtplanerischen Dimension. Es sind bewusst auch Beispiele gezeigt, die ohne hochindustrielle Konstruktionen – also mit Low-Tech-Methoden – sehr nachhaltige und attraktive Räume schaffen.

Holz – klimaschonender Baustoff

Dass in einem Land, das fast zur Hälfte mit Nutzwald bedeckt ist, das Bauen mit Holz einen eigenen Stellenwert hat, erscheint selbstverständlich. Moderne Holzbautechnologien haben hier aber erst seit kurzem wieder absolute Konkurrenzfähigkeit in allen Bausparten erlangt, sodass heute rund 8 Prozent aller Neubauten in Holz ausgeführt werden und eine Verdoppelung dieser Rate im nächsten Jahrzehnt erwartet wird. Dies ist einerseits in dem Faktum begründet, dass dieser nachwachsende Rohstoff in der CO2-Bilanz absolut neutral ist, dass etwa ein dreigeschossiger Wohnbau in Holz gegenüber der Ausführung als Massivbau 40 Prozent weniger graue Energie (im Zuge der Herstellung, des Transportes oder Entsorgung benötigte Energie), 60 Prozent weniger Gewicht, 40 Prozent weniger Heizbedarf hat und – bei gleichen Baukosten – viel höhere Vorfertigungsgrade ermöglicht. Österreichische Hersteller und Planer von Holzkonstruktionen sind in Europa heute werkstofflich, energietechnisch und gestalterisch führend.

Neben diesem Paradigmenwechsel bei Neubauten besteht ein riesiger Sanierungsbedarf bei der 1945 bis 1980 errichteten Bausubstanz, die den weitaus größten Energieverbrauch und Heizwärmebedarf aufweist. Auch hier gibt es hervorragende Pilotprojekte.

Nachhaltigkeit als architektonisches Konzept

In der Architekturbranche gibt es lokal und global die grundsätzliche Frage, ob die geforderte Fokussierung auf energetische und ökologische Effizienz nicht die Freiheit der Raumgestaltung, die baukünstlerische Vision beschneide. Klar ist jedenfalls, so Roland Gnaiger im Jurybericht zum Staatspreis 2006 für Architektur und Nachhaltigkeit, „dass Nachhaltigkeit allein noch lange kein Formkonzept bietet, dass sie ein solches nicht ersetzt, ihm auch nicht entgegensteht. Die kreative Formgebung bleibt vom Regelwerk der Nachhaltigkeit zwar nicht unbeeinflusst, ist aber in den hier gezeigten Beispielen bestens integriert und gewinnt zunehmend neue, gesamtheitlich definierte Freiheiten“. Im Übrigen demonstrieren gerade die von österreichischen ArchitekturstudentInnen und jungen AbsolventInnen in Südafrika und Bangladesh geplanten und mit lokalen Kräften realisierten Musterbauten aus einfachen Materialien und Techniken wegweisende und multiplizierbare Fusionen von Funktionalität und Ästhetik.

Dieses Formpotential des energie- und umweltbewussten Planens aufzuzeigen, ist ein zentrales Motiv der Ausstellung – und ihre global relevante Botschaft. Auch ein unorthodoxer kurzer Rückblick in die große Geschichte der modernen Architektur Österreichs belegt die fundamentale Formkraft von Planungen, welche die Herausforderungen (damals) neuer Energien technischer, medialer, sozialer Art aufgriffen für ebenso bahnbrechende wie nachhaltige bauliche Ereignisse.

Was die bekannten, der Kürze halber hier nicht genannten Beispiele der besten österreichischen „historischen“ Architektur untereinander verbindet, gilt auch für die aktuellen Fragen im Lichte der unumgänglichen Trendwende zur Energie-Effizienz und zu nachhaltiger Bauqualität: Es waren und sind vorerst jeweils „unsichtbare“ oder gleichsam noch „ungeformte“ Vektoren oder Technologien, die eine baulich-räumliche Antwort, eine Konkretisierung zur Sinnfälligkeit verlangten; es waren und sind jeweils neuartige, durch alte Formkonventionen nicht besetzte Bauaufgaben, die innovative Entwurfsansätze erforderten, ermöglichten. Und so wären die heute brennenden Themen des Umgangs mit Ressourcen, mit der thermischen Dynamik und Bilanz in Gebäuden, mit der Nutzung der Sonnenenergie, mit Konstruktionen aus natürlichen, erneuerbaren Rohstoffen, mit Stadtkonzepten, die Verkehr und Landflucht eindämmen, als eminente Chance zu sehen, nicht nur um die Balance von Klima, Umwelt und Lebensstilen lokal und global zu „retten“, sondern auch um ästhetisch und funktional zukunftsweisende Modelle zu generieren. Was diese Ausstellung zeigt, sind nicht Utopien, sondern bereits bewährte Handlungsmuster, die sofort in aller Breite angewendet, weitergetrieben, umgesetzt werden können – und müssen.

Kuratoren:
Otto Kapfinger, Adolph Stiller

Das als Wanderausstellung konzipierte Gesamtprojekt wurde durch Beteiligung des Außenministeriums, Kulturministeriums und Lebensministeriums ermöglicht.

Beratung bei der regionalen Auswahl der Projekte:
Marina Hämmerle (Vorarlberg), Franziska Leeb (Niederösterreich), Norbert Mayr (Salzburg), Romana Ring (Oberösterreich), Arno Ritter (Tirol)

Wissenschaftliche Beratung in Energiefragen:
Helmut Krapmeier (Energieinstitut Vorarlberg), Ernst Heiduk (FH Kärnten/Spittal)

Katalog:
Architektur im Ringturm XXI. Hg. Otto Kapfinger und Adolph Stiller.
Beiträge von Otto Kapfinger, Ernst Heiduk, Marina Hämmerle, Helmut Krapmeier, Franziska Leeb, Norbert Mayr, Romana Ring, Arno Ritter, Adolph Stiller
ca. 150 Seiten, zahlreiche Abbildungen.
Preis: 25 Euro; Studenten, Schüler, Präsenz- und Zivildiener, Pensionisten (mit gültigem Ausweis): 15 Euro

Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag: 9:00 bis 18:00 Uhr, freier Eintritt (an Feiertagen geschlossen)

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