Bauwerk

Kleines Festspielhaus - Wettbewerb
Fritz Lorenz, Wimmer Zaic Architekten, pfp architekten, Bétrix & Consolascio, Hermann & Valentiny, Wilhelm Holzbauer, Domenig & Eisenköck, Gerhard Garstenauer - Salzburg (A) - 2002

„Tatsächlich ist alles höchst undurchsichtig gelaufen“

Analyse

Holzbauer bekommt den Auftrag für das Kleine Festspielhaus. Zurück bleiben Akten, entmündigte Juroren und die Erkenntnis, dass Architektur die nicht gelebte Demokratie bleibt.

12. Oktober 2002 - Ute Woltron
Wien - Die Sitzung des Kuratoriums der Salzburger Festspiele am Donnerstagnachmittag war kurz und heftig. Nachdem eines der fünf stimmberechtigten Kuratoriumsmitglieder den Raum verlassen hatte, weil es nicht beschließen wollte, was den anderen zu beschließende Sache war - nämlich dass Wilhelm Holzbauer mit dem Umbau des Kleinen Festspielhauses betraut werden solle, hob man die Hände und schied voneinander.

Zurück bleibt der naturgemäß fröhliche Sieger Holzbauer: „Ich bin davon überzeugt, dass das Projekt so gut ist wie nie.“ Zurück bleiben die vormalig erstgereihten Architekten Robert Wimmer und Michael Zaic, die ihres Partners Franz Valentiny über das Jahr verlustig gingen, weil der in das Lager Holzbauers übersiedelt war.

Zurück bleiben die in der letzten offiziellen Runde der Bewertungskommission nach Punkten stärksten Schweizer Architekten Bétrix & Consolascio. Marie-Claude Bétrix: „In 25 Jahren habe ich nie erlebt, dass Jury, Direktorium und Kuratorium gesondert über ein Projekt entscheiden können. Was hier hinter den Kulissen gemacht wurde, ist befremdend. Die Sache schaut nicht ehrlich aus, tatsächlich ist alles höchst undurchsichtig gelaufen.“

Zurück bleibt eine offenbar entmündigte Bewertungskom-mission und deren Vorsitzender, der Schweizer Carl Fingerhuth: „Das Ergebnis erstaunt mich nicht, denn in Salzburg will das System offensichtlich Sachen beweisen, die eigentlich nicht beweisbar sind. Wie mit dem Resultat umzugehen ist, muss sich Österreich selbst ausmachen. Was hier passiert ist, ist Lokalpolitik und hat mit Architektur nichts zu tun. Ich kann nur sagen: Mein Beileid.“


Gutachten en masse

Zurück bleiben nicht zuletzt kiloweise Akten, Gutachten, Gegengutachten. Das letzte Gutachten, in Auftrag gegeben vom Salzburger Landesbaudirektor Franz Denk, gab den Ausschlag: Wilhelm Holzbauer erklomm darin im Zehntelprozentbereich - aber immerhin - die Spitze.

Sein Subunternehmer ist Franz Valentiny. Wimmer und Zaic waren lang vorher schon aus dem Rennen. Noch im Juli stellte Holzbauers Anwalt dem STANDARD gegenüber schriftlich fest, dass Wilhelm Holzbauer nie gesagt hätte, er würde mit Valentiny an einem gemeinsamen Projekt arbeiten. Gestern stellte Holzbauer dem STANDARD gegenüber mündlich fest, er habe mit Valentiny herrliche Monate des Planens hinter sich: „Wir haben den ganzen Sommer hervorragend zusammengearbeitet.“

Die Gnade, seine Teamkollegen Wimmer und Zaic über diese Zusammenarbeit mit Holzbauer zu informieren, hatte Valentiny erst am 23. August, dem Tag der Projektabgabe, als er um 7.50 in der Früh ein Fax schickte, in dem er die Zusammenarbeit aufkündigte und mit dieser Auflösung der Projektgruppe eine Teilnahme seiner Kollegen am Verfahren unmöglich machte.

Noch im April hatte Valentiny im STANDARD-Interview Holzbauer vorgeworfen, ein „ignoranter, schlechter“ Architekt zu sein, der „gemeinsame Sache mit einem Amt macht und ein Verfahren unnötig in die Länge zieht“. Fazit: „Holzbauer ist ein alter Mann, der nicht mehr weiß, worum es im Leben geht.“

Doch nicht nur persönliche Kehrtwendungen, vor allem juristische Finten und Paragrafenklaubereien kennzeichneten dieses Architekturverfahren. Den Beginn machte Holzbauers vergabegerichtliche Eingabe gegen das Siegerprojekt, es folgte eine zweite Bewertungsrunde, danach die Nichtigerklärung und Wiederholung dieser zweiten Bewertungsrunde.

Protokolle bekam kein Beteiligter je offiziell zu Gesicht, sehr wohl wurden aber - womöglich irrtümlich? - zur Vorbereitung der Wiederholung die Projektunterlagen gleich aller Verfahrensteilnehmer an die Architekten ausgeschickt, auf dass die vergleichen konnten, womit die anderen Erfolg und Misserfolg gehabt hatten.

Erst in zwei Wochen wird es eine Ausstellung aller Entwürfe in Salzburg geben. Diese Frist will Präsidentin Helga Rabl-Stadler, so ließ sie dem STANDARD mitteilen, tunlichst einhalten, denn zwei Wochen beträgt die Beeinspruchungsfrist der übrigen Teilnehmer.

Günther Domenig, einer von ihnen, hat bereits angekündigt, zumindest eine Aufwandsentschädigung in sechsstelligem Eurobetrag für die geleistete Arbeit einfordern zu wollen. Das Gleiche hat auch Kollege Friedrich aus Hamburg vor. Die Schweizer Bétrix und Consolascio prüfen derweilen rechtliche Schritte. Bétrix: „Wenn wir die Möglichkeit haben, sinnvoll entgegenzuwirken, werden wir das sicher tun. Doch im Moment ist alles aufgrund mangelnder Informationen sehr unklar.“

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