Bauwerk

Kleines Festspielhaus - Wettbewerb
Fritz Lorenz, Wimmer Zaic Architekten, pfp architekten, Bétrix & Consolascio, Hermann & Valentiny, Wilhelm Holzbauer, Domenig & Eisenköck, Gerhard Garstenauer - Salzburg (A) - 2002

Neue Prüfung

Verzögerung beim Umbau des Kleinen Festspielhauses in Salzburg?

8. Mai 2002 - Derek Weber
In offiziellen Stellungnahmen gibt man sich im Salzburger Festspielbezirk gelassen; in informellen Gesprächen ist der besorgte Unterton nicht zu überhören. Dabei geht es weniger um die versprochenen und seit einiger Zeit gerüchteweise nur zögernd fliessenden Sponsor-Millionen Alberto Vilars, sondern vielmehr um ein Kapitel des österreichischen Rechtslebens, das eines kafkaesken Zuges nicht entbehrt. Vier Jahre ist es her, seit Gerard Mortier den österreichischen Architekten Wilhelm Holzbauer mit dem Umbau des ästhetisch wie akustisch als unbefriedigend empfundenen Kleinen Festspielhauses betraute, um daraus - mit Blickrichtung auf das Jubiläumsjahr 2006 - ein «Haus für Mozart» zu formen (vgl. NZZ 18. 2. 02). Im Frühjahr 2001 - Holzbauers Entwürfe waren längst fertig - musste das Projekt neu ausgeschrieben werden, da es nicht gelungen war, den Vergabemodus den EU-Normen anzupassen. Die Zeit drängte: Das Kleine Festspielhaus sollte bis 2006 bespielbar bleiben und 2005 im neuen Gewand mit Mozarts «Figaro» eröffnet werden. Also wurde ein abgekürztes Wettbewerbsverfahren ausgeschrieben, zu dem fünf ausgewählte Bewerber eingeladen wurden. Eine neunköpfige Jury kürte im September 2001 den Entwurf der luxemburgisch-salzburgischen Architektengruppe Hermann & Valentiny, Wimmer, Zaic zum Siegerprojekt. Holzbauer, ein Schüler Clemens Holzmeisters, wurde nur an zweiter Stelle placiert. Gegen diese Entscheidung legte Holzbauer beim Bundesvergabeamt Berufung ein.

Genau hier kommt das kafkaeske Element ins Spiel. Es ist gar nicht leicht, herauszufinden, was diese Institution genau macht und wer ihr angehört. Das Bundesvergabeamt ist ein aus drei Personen bestehendes, nicht weisungsgebundenes Gremium beim österreichischen Wirtschaftsministerium, das über die Einhaltung der Bundesvergabe-Ordnung wacht. Es tritt unter dem Vorsitz eines Juristen immer dann zusammen, wenn es um eine Entscheidung angerufen wird. Hat es seinen Spruch erst einmal gefällt, ist eine Berufung dagegen nur noch beim Bundesverfassungsgericht möglich. Die Bestimmungen der Bundesvergabe-Ordnung scheinen aber nicht so klar zu sein, wie man sich das vorstellt. Im Grunde weiss ein Auftraggeber immer erst im Nachhinein, ob er im Einklang mit allen Vorschriften gehandelt hat oder nicht. Im Fall des Festspielhaus-Umbaus entschied die Kommission zugunsten Holzbauers, mit der Begründung, es lägen grobe Verletzungen des Ausschreibungstextes durch die erstplacierte Planungsgemeinschaft Hermann & Valentiny vor. Der Entwurf verstosse zudem gegen die Vorschriften des Denkmalschutzes. Für diesen Spruch benötigte das Bundesvergabeamt fünf Monate. Mitte April gab es seine erste Erkenntnis heraus, erklärte die Zuschlagserteilung an Hermann & Valentiny, Wimmer, Zaic für nichtig und kündigte weitere Bescheide an. Am 15. Mai sollen die restlichen Fragen geklärt werden.

Die Reaktionen auf den Bescheid waren entsprechend unterschiedlich. Während Holzbauer sich in seiner Kritik bestätigt sah, denkt die unter der Führung des Holzbauer-Schülers Valentiny stehende Architektengruppe laut darüber nach, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Ausschluss Holzbauers aus dem Verhandlungsverfahren einzubringen. Das Festspielkuratorium beschloss auf einer Sondersitzung, alle fünf im Jahr 2001 eingereichten Projekte auf der Grundlage neuer Richtlinien der Salzburger Landesbaudirektion von der Jury neu prüfen zu lassen. Bei einer Kuratoriumssitzung am 22. Mai soll dann endgültig die Entscheidung darüber fallen, wer den Umbau durchführen wird.

«Wir wollen kein Risiko mehr eingehen», erklärt der Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger. Aus dem Festspielhaus verlautet dazu, wenn man am 22. Mai zu einer «hieb- und stichfesten Entscheidung» komme, bleibe man im Zeitplan. Sollte dies nicht der Fall sein, sei der in Aussicht genommene Termin für die Eröffnung im Jahr 2005 schwer einzuhalten. Das wiederum würde bedeuten, dass die gesamte Planung für 2006 ins Wanken komme. Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler sagte gegenüber der NZZ, man gehe bewusst auf den Stand vom 21. September 2001 zurück. «Ein unabhängiger Prüfer wird klären, wieweit die damals vorliegenden Angebote miteinander vergleichbar sind. Die verschiedenen Teams haben nämlich - unter Beiziehung von renommierten Akustikern - recht unterschiedliche Projekte eingereicht. » Ob der 22. Mai tatsächlich das Ende aller Querelen bringen wird, ist also ungewiss. Weitere Beschwerden und Klagen scheinen vorprogrammiert, auch wenn man sich auf politischer Ebene bemüht, durch informelle persönliche Gespräche eine einvernehmliche Lösung zustande zu bringen.

Der Umbau des Kleinen Festspielhauses soll etwas mehr als 28,5 Millionen Euro kosten. 4,4 Millionen wurden von Alberto Vilar zugesagt. Nach Auskunft von Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler ist das Finanzierungsversprechen zwar noch nicht vertraglich abgesichert, der Mäzen habe aber vor wenigen Tagen ausdrücklich bestätigt, dass er zu seiner Zusage stehe. Rabl-Stadler dementiert auch ausdrücklich Zeitungsmeldungen, Vilar sei den Salzburger Festspielen gegenüber mit für die Vergangenheit zugesagten Zahlungen - 1,45 Millionen Euro pro Jahr seit 1999 - im Rückstand.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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