Bauwerk

Kleines Festspielhaus - Wettbewerb
Fritz Lorenz, Wimmer Zaic Architekten, pfp architekten, Bétrix & Consolascio, Hermann & Valentiny, Wilhelm Holzbauer, Domenig & Eisenköck, Gerhard Garstenauer - Salzburg (A) - 2002

Entscheidung vertagt

Offene Fragen um das Kleine Festspielhaus in Salzburg

27. September 2002 - Derek Weber
Regelmässig zu Mozart-Jubiläen wird die Frage eines Umbaues des Kleinen Salzburger Festspielhauses virulent. Als Erster nahm Clemens Holzmeister 1926 an dem aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammenden, nur 19 Meter breiten, schachtelförmigen Raum Veränderungen vor. Mit Blick auf 1941 wurde 1937 erneut über den unbefriedigenden Saal diskutiert; man sprach von einer Drehung des Zuschauerraums um 180 Grad. Zur Realisierung des neuen Holzmeister-Planes kam es wegen des «Anschlusses» Österreichs nicht mehr. Mittlerweile steht - im Hinblick auf das Mozart-Jahr 2006 - ein weiterer Umbau an (NZZ vom 18. 2. 02 und 8. 5. 02).

Im Mittelpunkt der neuesten Diskussion steht der Holzmeister-Schüler Wilhelm Holzbauer, der 1986 einen ersten Entwurf vorlegte und 1998 von Gerard Mortier mit einer Machbarkeitsstudie für den Umbau beauftragt wurde, bei der er die Idee der Tieferlegung von Bühne und Zuschauerraum ins Zentrum rückte. Danach vergingen drei Jahre, in denen der Festspielfonds vergebens versuchte, Holzbauer direkt mit dem Umbau zu betrauen. Schliesslich erwies es sich als unumgänglich, das Projekt EU-weit auszuschreiben. Da die Zeit zu drängen begann, wurde im Frühjahr 2001 jedoch statt eines offenen Architekturwettbewerbs ein sogenanntes Verhandlungsverfahren ausgeschrieben, das die Zahl der Bewerber beschränkte.

Seither sind siebzehn wertvolle Monate verstrichen, ohne dass eine Entscheidung für das «Haus für Mozart» gefallen wäre. Und die Sitzung des Festspielkuratoriums vom 13. September, die eine endgültige Klärung hätte bringen sollen, hat die Frist für den Baubeginn um weitere vier Wochen verkürzt: Bis zum 10. Oktober soll das Direktorium wie mit einem Zauberschlag lösen, was in den letzten eineinhalb Jahren nicht gelungen ist, und alle noch offenen rechtlichen, akustischen und kaufmännischen Fragen klären.

Inzwischen mehren sich die Stimmen, die dafür plädieren, die Fixierung auf das Jahr 2006 aufzugeben und den Umbau ohne Zeitdruck völlig neu auszuschreiben. Die vom Festspielfonds als Bauträger im Sommer 2002 durchgeführte Neuausschreibung des Verhandlungsverfahrens, die den beteiligten Architekten die Möglichkeit einräumte, untereinander Planungsgemeinschaften einzugehen, endete damit, dass der Holzbauer- Schüler Franz Valentiny mit seinem Partner im letzten Augenblick aus der im ersten Verfahren siegreichen Planungsgemeinschaft Hermann/Valentiny/Wimmer/Zaic absprang und nunmehr als «Subunternehmer» Holzbauers fungiert. Die Salzburger Architekten Wimmer und Zaic wurden daraufhin aus formalen Gründen vom Verfahren ausgeschlossen; ihr Anwalt beantragte am 30. August eine gerichtliche einstweilige Verfügung gegen den Salzburger Festspielfonds. Eine Entscheidung über diesen Antrag soll in den nächsten Tagen fallen.

Das Schicksal des Ausschlusses droht auch dem Schweizer Architektenteam Bétrix/Consolascio, dessen Entwurf - wie inzwischen durchsickerte - von der Bewertungskommission am 28. August knapp vor jenem der Arbeitsgemeinschaft Holzbauer/Hermann & Valentiny an die erste Stelle gesetzt worden war. Dies war zwischen den Zeilen aus den Stellungnahmen der Festspielpräsidentin und des Salzburger Landeshauptmanns nach der Sitzung am 13. September herauszuhören, in denen angedeutet wurde, dass «ein Architektenteam» kein Theaterprojekt als Referenz vorweisen könne. Der Zuschlag würde dann wohl automatisch dem zweitplacierten Entwurf zufallen.

Eines wurde auf der letzten Pressekonferenz klar: Sowohl das Festspieldirektorium als auch Landeshauptmann Schausberger wollen - unter Hinweis auf den Stand der weit fortgeschrittenen künstlerischen Planung und auf die greifbare finanzielle Realisierung - unbedingt an einem Umbau bis spätestens 2006 festhalten, auch wenn von verschiedenen Seiten in Zweifel gezogen wird, dass das Projekt in der noch zur Verfügung stehenden Zeit ohne Schliessung des Kleinen Festspielhauses realisierbar sei. Auch hier ist man optimistisch, zumal als letzter Ausweg der für 2005 angekündigte «Figaro» auf die Mozart- Woche im Januar 2006 verschoben werden könnte.

Seit letztem Wochenende hat Helga Rabl-Stadler einen Vertrag mit einem neuen Sponsor, dem New Yorker Verleger Donald Kahn, einem langjährigen Mäzen der Salzburger Festspiele, in Händen, der einen Finanzierungsbeitrag von 4,36 Millionen Euro für den Umbau leistet. Das Geld ist zweckgebunden und muss zurückbezahlt werden, wenn das vorgesehene Umbauprojekt scheitert. Damit, erläutert Rabl-Stadler, sei nicht nur die Hälfte des noch fehlenden Geldes aufgebracht, sondern auch die wichtige Vorbedingung für die Einhaltung der Finanzierungszusage in derselben Höhe durch Alberto Vilar erfüllt. «Wenn am 10. Oktober alles klappt, kann ich am Tag darauf Vilar anrufen und auch den Vertrag mit ihm unter Dach und Fach bringen.» Insgesamt soll der Umbau des Kleinen Festspielhauses etwas mehr als 28,5 Millionen Euro kosten. Mehr als 8,7 Millionen Euro würden dann von den beiden amerikanischen Grosssponsoren aufgebracht. Sollte es am 10. Oktober im Festspielkuratorium zu keiner Einigung kommen, muss das Umbauprojekt als gescheitert betrachtet werden.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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