Bauwerk

Kleines Festspielhaus - Wettbewerb
Fritz Lorenz, Wimmer Zaic Architekten, pfp architekten, Bétrix & Consolascio, Hermann & Valentiny, Wilhelm Holzbauer, Domenig & Eisenköck, Gerhard Garstenauer - Salzburg (A) - 2002

Salzburger Umbau-Probleme

Verzögerungen im Projekt des Kleinen Festspielhauses

1. April 2003 - Derek Weber
Der Umbau des Salzburger Kleinen Festspielhauses zu einem «Haus für Mozart» sorgt seit eineinhalb Jahren für Diskussionen. Unruhe erzeugten zunächst die allgemeine Verzögerung bei der Entscheidung für ein Architektenteam und der Vergabemodus des Auftrages selbst (vgl. NZZ vom 27. 9. 02). Nun kündigt das Festspieldirektorium an, das Kleine Festspielhaus - entgegen den ursprünglichen Verlautbarungen - im Jahr 2005 gar nicht bespielen zu können. Zugleich zeichnet sich ab, dass das finanzielle Korsett für den Umbau äusserst eng geschnürt ist und dass der Umbau ziemlich sicher grössere Eingriffe in die Fassade und das Innere des Festspielhauses mit sich bringen wird als noch vor wenigen Monaten konzediert. Dazu hat sich in den letzten Tagen auch der sogenannte Gestaltungsbeirat unter der Führung des Grazer Architekten Klaus Kada mit drastischer Kritik geäussert.

Der Auftrag wurde letzten Herbst im Zuge eines Verhandlungsverfahrens an das Architektenteam Holzbauer/Valentiny vergeben. Das Spezifische an diesem Verfahren liegt darin, dass - im Gegensatz zu einem Wettbewerbsverfahren - das siegreiche Projekt im Grunde nicht mehr darstellt als den allgemeinen Nachweis, dass jemandem zuzutrauen sei, die in Frage stehende Aufgabe zu bewältigen. Nach den vorgelegten Plänen realisiert werden muss es deshalb noch lange nicht. Schon bei der Vorstellung des Modells im November 2002 deutete sich an, dass die Umbaupläne nur «vorläufige» waren. Nun hat man von Seiten des Festspieldirektoriums dafür den Ausdruck «work in progress» geprägt. Und bei diesem «progress» wird immer deutlicher, dass Wilhelm Holzbauer den Ballast der Argumente, mit denen er seine Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen versucht hat, über Bord zu werfen beginnt. Immer hatte er sich als Sachwalter des Erbes seines Lehrers Clemens Holzmeister dargestellt, der die Aussenfassade und die Trennwand zwischen Kleinem Festspielhaus und Felsenreitschule unangetastet liesse. Nun gilt beides nicht mehr. Holzbauer spricht offen davon, die Fassade «überarbeiten» zu wollen, weil sie der «Umbaubelastung» nicht standhalten werde. Der Vorsitzende des Festspielkuratoriums, der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden, meint gar, das Architektenteam habe nun «freie Hand, die Fassade des Festspielhauses abzureissen». Der Salzburger Architekt Rainer Kaschl verneint dies; die für Altstadtbelange zuständige Sachverständigenkommission, der er selbst angehört, habe Holzbauer «keinen Freibrief zum Abriss» gegeben.

Für die Kosten des Umbaus gibt es eine Obergrenze von 29 Millionen Euro. Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler bezeichnete dieses Limit als «niedrig»; dennoch werde man sich daran halten und im Haus selbst überprüfen, welche Wünsche zwar «grundsätzlich richtig, aber nicht vordringlich» seien. Kostenüberschreitungen seien aber nur bei den auf Grund verschärfter gesetzlicher Bestimmungen neu vorgeschriebenen Fluchtwegen zu erwarten. Bis zu einer Kuratoriumssitzung am 11. April muss das Direktorium nun einen Finanzplan für die Jahre 2004-06 vorlegen, der auch «etwaige aus dem Umbau resultierende Kosten durch alternative Spielstätten» berücksichtigen soll, erklärte Schaden. Für diese Mehrkosten werde es keine zusätzlichen Subventionen geben. Ausserdem müsse das Direktorium monatlich über die Einhaltung der Kosten- und Terminplanung berichten. Gelinge es nicht, den Kostenrahmen einzuhalten, müsse das Umbauprojekt «zurück an den Start» und auf die Zeit nach dem Mozartjahr 2006 verschoben werden. Im Mai ist eine weitere Sitzung angesetzt, bei der das Architektenteam schriftlich die Kosten (und die Termine) garantieren muss. Zugleich sammeln sich auf lokalpolitischer Ebene die Kritiker des Umbaus um den grünen Planungsstadtrat Padutsch und den FPÖ-Vizebürgermeister Mitterdorfer, die offen damit drohen, das Projekt mit rechtlichen Schritten zu Fall zu bringen bzw. den dazu benötigten öffentlichen Baugrund nicht herzugeben.

Der Umbau macht - entgegen den im Dezember abgegebenen Versicherungen - auch gravierende Änderungen in der Spielplangestaltung der Festspiele notwendig. Statt - wie geplant - das Kleine Festspielhaus bis 2006 mit kleinen Behinderungen zu bespielen, wird man 2005 in Ausweichquartiere umsiedeln müssen. In Rede stehen der seit Jahren aus finanziellen Gründen nicht mehr genutzte Residenzhof und die 4000 Personen fassende «Arena»-Halle auf dem Messegelände, die im Herbst 2003 eröffnet werden wird. Festspielleiter Ruzicka denkt daran, 2005 mit der «Zauberflöte» dorthin auszuweichen. Die im Kleinen Festspielhaus geplante Premiere von «Le Nozze di Figaro» wird auf 2006 verschoben. Die Aufführung sämtlicher 22 Bühnenwerke Mozarts im Jahr 2006 sei nicht gefährdet.

Der Hauptgrund für die Umbauverschiebungen liegt in der für 2004 geplanten Koproduktion von Korngolds «Toter Stadt» mit der Wiener Staatsoper. Dieser Kooperation, die eine intakte Technik im Kleinen Haus erfordert, kommt laut Rabl- Stadler höchste Priorität zu. Sie soll die Spannungen zwischen Wien und Salzburg in der Ära Mortier endgültig aus der Welt schaffen. Eine weitere Verschiebung hat dagegen andere als umbaubedingte Ursachen: Matthias Pintschers neue Oper, ein für 2005 vorgesehenes Projekt, wird nach Ruzickas Angaben auf einen «späteren Zeitpunkt» verschoben, weil der Komponist zuvor noch einen Auftrag für Paris fertigzustellen habe. Laut Pintscher erfolgte die Absage jedoch «schon vor Monaten» und «einseitig» wegen des finanziellen Risikos durch Salzburg. Hier scheinen sich - wie bei der Rückstufung von Opern auf konzertante Aufführungen im Jahr 2003 - monetäre Bremsspuren abzuzeichnen, die Ruzickas Fünf- Säulen-Festspiel-Dramaturgie einen Anflug von Fiktion verleihen könnten.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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