Bauwerk

Kunsthaus Graz
Sir Peter Cook, Colin Fournier - Graz (A) - 2003

Ein elitärer Populist

„Man will etwas Modernes, es soll aber nicht allzu sichtbar sein“, so Cook über das Dilemma in Österreich bei öffentlichen Architektur-
Debatten.

26. September 2003
Vor drei Jahren konnte der britische Architekt Peter Cook den Wettbewerb für das Grazer Kunsthaus für sich entscheiden. Damals entschied die international besetze Jury klar für seinen Entwurf.

Das Siegerprojekt von Peter Cook und Colin Fournier (London) sei ein „Kunsthaus im wahrsten Sinn des Wortes“ und ein „Markzeichen in der Stadt“, der Graz wieder den Anschluss an die internationale Architekturszene bringe, lautete sinngemäß die Begründung der Jury.


Nur ein Siegerprojekt

Anders als ursprünglich geplant wurden nicht drei Siegerprojekte und drei Ankäufe realisiert, sondern unter den 102 eingereichten Projekten nur ein Siegerprojekt ausgelobt und dafür acht Ankäufe durchgeführt. Das Siegerprojekt war mit 514.000 Schilling dotiert, die Ankäufe erhielten je 154.000 Schilling.


Cooks Kunsthaus

Cooks Projekt, das nach außen als organische oder sphärische Hülle aus Kunststofflaminat in Erscheinung tritt und mittels einer Glasbrücke mit dem alten Eisernen Haus verbunden ist, hält sich sehr genau an die baulichen Vorgaben.

Die Bruttogeschoßfläche beträgt 9.000 Quadratmeter, die Ausstellungsfläche 1.800 Quadratmeter. Das neue Haus, das optisch wenig mit einem konventionellen Haus zu tun hat und eher eine flache Blase mit Warzen darstellt, besteht im Wesentlichen aus zwei Ebenen, von denen die eine lichtdurchflutet, die andere künstlich beleuchtet sein wird. Cook ist Mitbegründer der „Spacelap Cook/Fournier GmbH Graz“, die zur Umsetzung des Projektes eingerichtet wurde.


Auch bei Schlossbergprojekt beworben

Cook hatte sich auch beim Vorgänger-Wettbewerb für das Kunsthaus am Standort Schloßberg beworben, war damals aber nicht in die engere Wahl gekommen. Sein Projekt wurde als zu exzentrisch ausgeschieden.


Bekannt durch Konzeptionelles

Peter Cook, Jahrgang 1936, wurde in London geboren und lebt und arbeitet dort. Er ist Leiter der Bartlett School of Architecture UCL (University College London). Zu seinen umfangreichen Publikationen zählen u.a. „The Power of Contemporary architecture“, „Experimental Architecture“, „The Primer“, „Six Conversations“, „Architecture, Action and Plan“ und „New Spirit in Architecture“.

Bekannt wurde er durch seine konzeptionellen Arbeiten „Plug-in City“ und „Instant City“. In Zusammenarbeit mit Christine Hawley baute er den Wohnkomplex „Lützowplatz“ in Berlin und die Kantine der Staedelschule in Frankfurt.


Goldmedaille des Royal Institute

Mit Hawley gewann er den Wettbewerb zum Museum Pfaffenburg in Österreich (wurde nicht gebaut). Als Mitglied von ARCHIGRAM erhielt er gemeinsam mit W. Chalk , R. Heron, D. Green, M. Webb und D. Crompton 2002 die Goldmedaille des Royal Institute of British Architects (RIBA).


Österreich soll nach Osten schauen

Bei den Alpbacher Architekturgesprächen im Vorjahr rief der Planer des viel diskutierten Grazer Kunsthauses Politiker und Stadtplaner in Österreich auf, sich stärker an aktuellen Entwicklungen in den osteuropäischen Reformstaaten zu orientieren.

Gerade Wien sollte dies in Hinblick auf seine Brückenfunktion nach Osteuropa verstärkt tun, sagte Cook am Samstag bei den Alpbacher Architekturgesprächen. „Warum gibt man Leuten aus dem Osten keine Plattform?“, fragte der Architekt. „Im Osten schauen alle nach Wien und sind schon etwas frustriert.“


Paris als Vorbild

Wien sollte sich auch ein Vorbild an Paris nehmen, sagte Cook, der die französische Hauptstadt mit einer „zähen alten Dame“ verglich, die auch ein Centre Pompidou verkrafte. „Innsbruck und Graz sind eher alte Koketten“, so Cook damals.


„Showbusiness - darum geht es immer“

Bei der damaligen Diskussion über „Architektur und öffentlichen Geschmack“ bezeichnete sich Cook selbst ironisch als „elitären Populisten“. „Showbusiness - darum geht es immer“, so der Architekt. Dies habe etwa der Architekt des Guggenheim-Museum in Bilbao (Spanien), Frank Gehry, erfolgreich demonstriert.

Dass er mit seinem Plan für das Grazer Kunsthaus den ersten Preis erhalten habe, freue ihn zwar, so Cook, sei aber eigentlich eine „bürgerliche Falle“. Mittlerweile seien Umfragen zufolge 51 Prozent der Bewohner für den Neubau und 37 Prozent dagegen. Cook: „Graz ist irgendwie wie Disneyland. Es tut so, als wäre es eine barocke Stadt und verdient eigentlich Geld durch studentische Bevölkerung und durch die Automobilindustrie.“

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