Bauwerk

MuseumsQuartier Wien - MQ
O&O Baukunst, Manfred Wehdorn - Wien (A) - 2001

Ein Stück Kulturgeschichte

1990 war der Wettbewerbsentscheid, 2001 soll es eröffnet werden: das Museumsquartier. Das Architektur Zentrum Wien präsentiert ab 15.9. erstmalig das gesamte Projekt der Öffentlichkeit. Die Ausstellung lässt zehn Jahre des Kampfes, der Resignation, der Ablehnung, der Wiederaufnahme und der Zustimmung Revue passieren. Die Planungsphasen und die Rekonstruktion der politischen Diskussionen - begleitet und geleitet von den Medien - sollen die BesucherInnen in ein „Stück Kulturgeschichte eintauchen lassen“.

10. September 1999 - Thomas Haunschmid
Am 15. 9. wird das Museumsquartier erstmals in seiner Gesamtheit der Öffentlichkeit vorgestellt. In einer Ausstellung des Architektur Zentrums Wien soll aufgezeigt werden, welche Schwierigkeiten bei der Errichtung von Kulturbauten zu überwinden sind, bzw. welche medialen und politischen Kontroversen und Verantwortungen dann doch zu einer Realisierung führen.


Internationaler Kontext

„Ausgangspunkt war eine Präsentation des Museumsquartiers und zwar in einem internationalen Kontext“, erläutert Sasha Pirker, die gemeinsam mit Katharina Ritter die Schau kuratiert. „Wie werden Kulturbauten ähnlicher Größe generell gebaut, wobei es nicht nur um die architektonische, sondern auch um die politische, mediale Frage geht. Das ist das Ziel der Ausstellung.“


Von den Hofstallungen zum „Messepalast“

Am mühevollen Weg von den Hofstallungen über den Wiener Messepalast zum Museumsquartier lagen zahlreiche Stolpersteine. Das 1723 von den beiden Fischer von Erlachs geplante Gebäude wurde nach der Vergrößerung um die Winterreithalle (1850-54) 1921 schließlich der Wiener Messe AG zugeschlagen.


Die verblasste Jahrhundertchance

1977, als mit der Ausstellung „Art Around 70“ mit Exponaten der Sammlung Ludwig im Künstlerhaus sich die Möglichkeit der Gründung eines Modernen Museums/Stiftung Ludwig eröffnet hat, war der „Messepalast“ schon im Gespräch als Ausstellungsraum. Da der Bestandsvertrag mit der Wiener Messe jedoch erst 1986 kündbar wird, wird das Museum im Palais Liechtenstein eingerichtet. Was geblieben ist, war zunächst die „Jahrhundertchance Messepalast“.

Nach dem zweistufigen Wettbewerb, den schließlich Ortner und Ortner gewonnen haben, nach Boulevard-Attacken, Bürgerinitiativen, endlosen Debatten, zahllosen Untergriffen und einem weitgehend veränderten Entwurf (Leseturm!), nach zwei verschlissenen MUQUA-Geschäftsführern (Dieter Bogner und Günter Bischof) nähert sich das Projekt nun doch seiner Endphase und wird, seiner Baugeschichte entsprechend, nach wie vor von Querelen begleitet.


Gestaltungsfragen und Bestandssicherung

Die Frage, welches Gebäude dem Komplex vorgelagert werden soll, ist ebenso umstritten, wie die Gestaltung des Vorplatzes insgesamt, für dessen Überquerung man zu Fuß immerhin drei bis fünf Minuten braucht. Beide Projekte fallen übrigens in die Zuständigkeit der Gemeinde.

Die kleineren Institutionen, wie „depot“, „public netbase“ oder „basis wien“ fürchteten oder fürchten um ihren Verbleib in den Räumlichkeiten. Die Nonkonformisten fürchten mit ihnen, weil sie eine hochkulturelle Monokultur heraufziehen sehen. Und immer mehr Stimmen fordern - jetzt eben vom neuen MUQUA-Geschäftsführer Wolfgang Waldner - doch endlich für die Bespielung Konzepte auf den Tisch zu legen und vor allem das Projekt zu vermarkten.

Aber bereits mit seinem Vorschlag, mit einer Lichtfackel, die den ehrwürdigen Fischer-von-Erlach-Trakt überragen sollte, ein weithin sichtbares Logo zu errichten, trat der vielgeprügelte Laurids Ortner Boulevard-Proteste los, die an die Auseinandersetzungen um den Leseturm erinnerten.


Das unsichtbare Museum

Auf das Problem, „ein Ding herzuzeigen“, das man aber nicht sehen kann, weil es hinter der Fassade von Fischer von Erlachs Hofstallungen nicht sichtbar werden durfte, verwies auch der Direktor des Museums Moderner Kunst, Lorand Hegyi. Ohne spektakulärer zeitgenössischer Architektur wie das Guggenheim-Museum Bilbao oder das Centre Pompidou wird das Museumsquartier schwer die internationalen Gäste anlocken können, meinte Hegyi. Dennoch ist er heilfroh, dass er selbst nicht in eine solche spektakuläre, aber für den Museumsbetrieb nicht unbedingt brauchbare Architektur einziehen muss.

Auch Kunsthallenleiter Gerald Matt sowie Dietmar Steiner zollten der Qualität und vor allem Funktionalität der Architektur ihr Lob. „Ich glaube, dass die Architektur besser geworden ist“, erklärte Steiner.


Goldgräberstimmung im Umfeld

Das Projekt hat zwar erst die Dachgleiche gefeiert, aber im angrenzenden Bezirk, Neubau, hat sich mittlerweile eine Entwicklung vollzogen, die Dietmar Steiner, der Leiter des Architektur Zentrums, am Beispiel großer kultureller „Attraktoren“ in Metropolen wie Paris, New York, London oder Barcelona beschreibt: Der Aufwertung der Quartiere, dem Zuzug der Galerien und vor allem der Gastronomie als Hauptprofiteur folgt bald auch wieder der Exodus der Galerien, die im steigenden Mietenniveau nicht mithalten können.


Abbildung: Das Museumsquartier in der Modellphase / ©Bild: Gerald Zugmann

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